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Sie hatte den Brautkranz auf ihr Haupt gesetzt, sich in den Brautschleier gehüllt und ein Brautgewand von weißer, schimmernder Seide mit langer Schleppe angelegt. So geschmückt ging sie, um dem Grabe, um einem dahingeschiedenen Bräutigam geweiht zu werden. Und nach ihr kam Paar auf Paar, stattliche alte Damen und Herren.

Die Mutter äußerte, die in Nebel versinkende Sonne habe ausgesehen wie eine rotglühende Rose, die der galante Himmel herabgeworfen in den weitausgebreiteten, weißen Brautschleier seiner geliebten Erde. Die Tochter lächelte und meinte, der öftere Anblick solcher Naturerscheinungen schwäche ihren Eindruck.

Die Tante nahm das Blatt und las es. Sie hatte mit Vorbedacht die Brille mitgebracht. Das unschuldige Geschöpf überließ ihr den Brief, ohne den geringsten Einspruch zu erheben. Wenn sie so alle Willenskraft vergaß, so war das weder ein Mangel an Frauenwürde, noch ein Gefühl geheimer Schuld; nein, ihre Tante hatte sie hier in einem jener kritischen Momente überrascht, wo das Gemüt sich keinen Rat weiß, wo alles einerlei ist, das Gute und das Böse, die Verschwiegenheit und die Offenbarung. Gleich einem jungen tugendsamen Mädchen, das einen Liebhaber mit Verachtung überhäuft, am Abend aber sich ein Herz wünscht, dem es seinen Kummer anvertrauen kann, ließ Julie es ohne ein Wort der Gegenrede zu, daß das Siegel verletzt wurde, mit dem für jeden taktvollen Menschen ein offener Brief versehen ist, und sah nachdenklich zu, wie die Marquise las: »Meine liebe Luise! Warum mahnst Du mich so oft um Erfüllung des unklügsten Versprechens, das zwei unwissende junge Mädchen sich geben konnten? Du fragst Dich oft, schreibst Du, warum ich seit sechs Monaten auf Deine Fragen nicht geantwortet hätte? Wenn Du mein Schweigen nicht verstanden hast, so wirst Du die Ursache wohl heute erraten, wenn Du die Geheimnisse vernimmst, die ich Dir offenbaren werde. Ich hätte sie auf ewig in der Tiefe meines Herzens begraben, wenn Du mich nicht von Deiner bevorstehenden Verheiratung benachrichtigt hättest. Du willst also heiraten, Luise. Bei diesem Gedanken zittere ich. Arme Kleine, heirate. Nach wenigen Monaten wirst Du nur noch mit bitterstem Schmerz Dich dessen erinnern, was wir einstmals gewesen sind, als wir eines Abends in Ecouen alle beide unter die größten Eichen des Berges gegangen waren und das schöne Tal zu unseren Füßen betrachteten, die Strahlen der untergehenden Sonne bewunderten, deren Glanz uns umgab. Wir setzten uns auf einen Steinblock und verfielen in eine Verzückung, auf die die sanfteste Melancholie folgte. Du als erste fandest, diese ferne Sonne spräche uns von der Zukunft. Wir waren gar neugierig und närrisch damals. Erinnerst Du Dich all unserer Überschwenglichkeiten? Wir küßten uns wie zwei, die sich lieben. Wir gelobten uns, daß, wer sich zuerst verheiraten würde, der anderen getreu die Geheimnisse der Ehe, die Freuden, die unsere kindliche Seele sich so köstlich ausmalte, berichten solle. Mit dem Hochzeitsabend wird Deine Verzweiflung beginnen, Luise. Zu jener Zeit warst Du jung, schön, sorglos, wohl auch glücklich. Man wird Dich in wenigen Tagen zu dem machen, was ich jetzt bin: häßlich, leidend und alt. Wenn ich Dir sagte, wie stolz, wie eitel, wie froh ich war, den Oberst Victor d'Aiglemont zu heiraten, so würde das Torheit sein. Und doch, wie soll ich es Dir schildern? Ich erinnere mich meiner selbst nicht mehr. In wenigen Augenblicken war meine Kindheit für mich zum fernen Traum geworden. Mein Benehmen am Hochzeitstage, mit dem eine Verbindung geweiht wurde, deren Tragweite mir nicht bewußt war, hat Anstoß erregt. Mein Vater hat mehrmals versucht, meine Heiterkeit einzuschränken, denn ich bekundete eine Freude, die man unpassend fand, und in dem, was ich alles zusammenschwatzte, fand man Durchtriebenheit, und zwar gerade deshalb, weil ich mir gar nichts Arges dabei dachte. Mit dem Brautschleier, mit dem Kleide und mit den Blumen trieb ich tausend Kindereien. Als ich am Abend in dem Zimmer allein war, wohin man mich mit Pomp geleitet hatte, sann ich nach, mit welchem Schelmenstreich ich wohl Victor necken könnte. Und während ich seiner harrte, schlug mein Herz so heftig, wie ehemals an den Silvesterabenden, wenn ich insgeheim in den Salon schlüpfte, wo die Geschenke ausgelegt waren. Als mein Mann hereinkam und mich suchte, da war das erstickte Lachen, das ich aus meinem Versteck unter einem Berg von Musselin hören ließ, ach, der letzte Ausbruch der holden Fröhlichkeit, die die Tage unserer Kindheit vergoldete

Da erhob sich das junge Mädchen mit von Begeisterung strahlenden Augen. Sie riß ihren Brautschleier ab und breitete ihn über das Grab, sie nahm Kranz und Krone ab und legte beides auf den Schleier. »Sieh jetzt, wie ich ihn lieberief sie aus. »Ich schenke ihm meinen Kranz und meine Krone. Ich weihe mich ihm! Niemals will ich einem andern angehörenDa erhob sich auch Frau Uggla.

Als die Hochzeitsfeierlichkeiten vorüber waren und die Frauen sich im Zimmer der Braut versammelten, bestand eine alte Dame aus dem Dorf darauf, Kanti solle selbst seinem Weibe den Brautschleier abnehmen. Als er es tat, fuhr er zurück. Es war nicht dasselbe Mädchen. Es war ihm, als ob etwas in ihm aufstiege und sein Gehirn durchstäche.

Alles Licht im Raum ging von ihren goldenen Haaren aus, deren Glanz selbst der keusche Brautschleier nicht zu dämpfen vermochte. Erdmann schien mir noch schmaler als sonst. Ein unbestimmtes Angstgefühl beschlich mich. Meiner Schwester »Jaklang so froh, so hell an mein Ohr, daß es die Sorge verscheuchte.

Unter dem Schirm von weißer Seide, der sie vor den heißen Strahlen der Sonne schützte, glich sie einer Jungverheirateten im Brautschleier, einer Jungfrau, die bereit war, sich dem Zauber der Liebe zu überlassen.