United States or Luxembourg ? Vote for the TOP Country of the Week !


Er sieht so dumm aus, er muß griechisch oder gar hebräisch seinSie reichte dem Vetter das aufgeschlagene Buch, worin geschrieben stand: Munterkingen, 1. Mai 1846. ... νυνὶ δὲ μένει πίσ

Indessen ging in der Stube des Gelehrten die gewohnte Beschäftigung ihren ruhigen Gang, nur Friederike war trauriger gestimmt, als gewöhnlich, weil der Fritz aus Munterkingen, der sich doch vor etlichen Tagen so fröhlich gemeldet, nicht zum Vorschein kommen wollte.

Ein »forscher« Himmelsbürger! »Er wird wohl aus Munterkingen gebürtig sein und Fritz geheißen habenFriederike, die leicht errötete, sagte nicht nein, und da der Bann einmal gebrochen und der Name ihres lieben Munterkinger Kameraden, der sie erst noch vorhin vom Neckar heraufgegrüßt hatte, genannt war, rückte sie mit einer Bitte heraus, die ihr schon lange auf dem Herzen gelegen. »Du, Vettersagte sie, »sei nicht bös; aber der Staudenmayer Fritz hat mir einen Spruch in mein Stammbuch geschrieben, den ich nicht lesen kann.

’s Rickele von Munterkingen Ein philologisches Idyll

und siehe, das Liedchen wirkte wie eine Zauberformel. Es klopft, und Fritz Staudenmayer steht, ganz schwarz gekleidet, vor ihnen und lädt die Freunde zu seiner ersten Predigt ein, die er als Vikar in Munterkingen hält. #Dr.# Conrad Schwälble, der als Theologe das in Schwaben übliche Trauerspiel im Gemüte gehabt und als Geistlicher seine Erfahrungen gemacht hatte, ging nicht gern in die Kirche und versprach dem jüngeren Freunde, das Bäschen zu schicken, an dem ihm, wie er glaube, ohnehin mehr liege, als an ihm. Fritz und Friederike sahen einander errötend an. Schwälble hielt Wort, und Friederike saß in der Kirche, als Fritz zum ersten Male predigte. Er predigte über den Text: »Nun aber bleibet Glaube, Hoffnung, Liebe; aber die Liebe ist die größeste unter ihnenIhr klangen die Ohren, und der junge Geistliche wußte mit seiner Beredsamkeit alles Menschliche in ihrem Gemüte dermaßen aufzuregen, daß sie vor Glück weinte. Nach der Predigt schlich sie seitwärts an den Bach, um mit ihrem vollen Herzen allein zu sein. Fritz ging ihr nach. Er traf sie an ihrem Lieblingsplätzchen, wo das Murmeln des Wassers sie diesmal an ihren lesenden Vetter erinnerte, der ihr leid tat, weil er die Gehilfin vermißte. Fritz sah ernst aus und sprach heiter, und in ihr, die ebenso ernst gestimmt war, brach wider ihr Gefühl der Mutwillen aus, und sie warf dem geliebten Manne die rasch erschnappten griechischen Brocken hin: #»Nyni de menei pischtis.«# – »Was, du kannst Griechischrief er erstaunt aus. – »O nein, Fritz, ich bin bloß der Papagei meines Vetters; aber wenn du es willst, so lerne ich Griechisch.« – »Geh, Rickele, du bischt mehr wert, als der beschte griechische Klassiker

#Dr.# Conrad Schwälble, ein schwäbischer Privatgelehrter, der von der Theologie hergekommendenn damals war jeder gebildete Württemberger Theologe oder Theologe wenigstens gewesenhatte von einer Stuttgarter Verlagsbuchhandlung die Aufgabe übernommen, den Text von Schillers Werken zu säubern, in sorgsamer Abwägung des Wertes der verschiedenen Lesarten eine sogenannte kritische Ausgabe herzustellen. Zu diesem Behufe hatte er in dem benachbarten Cannstatt eine kleine, stille Wohnung gemietet, die nahe unter dem Dache lag und nur mit einem schräg angebrachten Guckfenster auf den vorüberfließenden Neckar hinaussah. Überdies hatte er sich sein Bäschen Friederike, kurzweg ’s Rickele genannt, aus ihrem gemeinsamen Geburtsorte Munterkingen als Gehilfin verschrieben, ein blühendes Mädchen von achtzehn Jahren, ganz in der heimatlichen Mundart groß geworden, aber mit einem ausgesprochenen Sinn für das Höhere und Edlere, wie es in den Büchern zu finden ist. Da sie, frühzeitig verwaist, von jung auf das bittere Brot der Fremde geschmeckt, folgte sie freudig dem Rufe des verwandten Mannes. Als sie bei dem gelehrten Vetter einzog, brachte sie die volle ländliche Atmosphäre mit sich, und sie selbst sah so dorfgeschichtlich aus, daß Schwälble sie mit einigem Befremden willkommen hieß. Die hinaufgestrichenen Haare krönte ein steiles, spitzes Häubchen, von welchem lange breite Bänder, schwarz und an den Rändern ausgezackt, über den ganzen Rücken bis an die Gangadern herabflossen, den anmutigen Busen hielt ein verschnürtes Mieder mit weißen Spitzen, und der Rock war so kurz bemessen, daß er die Knöchel sehen ließ. Jeder andere, als Schwälble, wäre von dieser freundlichen Mädchenerscheinung gerührt gewesen; da er sich aber selbst aus bäuerlichen Verhältnissen herausgearbeitet, wollte er an das »Kafferntum«, wie er sich studentisch ausdrückte, nicht gern erinnert sein. Als er daher sein Bäschen zu ihrem künftigen Berufe, der darin bestand, ihm bei der Herstellung kritischer Texte behilflich zu sein, vorbereitete, legte er ihr den Wunsch nahe, sie in städtischer Tracht um sich zu sehen, die sich nicht nur für Cannstatt, sondern auch für Schiller besser schicke. »Du mußt auch die Toilette deiner höheren Aufgabe tragenrief der Philolog aus, um den Ehrgeiz des Mädchens zu stacheln. Wie nun das andere Geschlecht die Veränderung und die Maskerade liebt, war Friederike nicht besonders schwer zu bewegen, ihre bisherige Hülle abzustreifen und moderne Kleidung anzulegen, in die sievon einer gewissen steifen Grazie abgesehenrascher, als man hätte glauben sollen, hineinwuchs; doch in bezug auf das, was er ihre künftige Aufgabe nannte, stieß er auf einigen Widerstand von ihrer Seite. Ihre literarische Kunde beschränkte sich auf Bibel, Gesangbuch und auf die Gedichte und Schauspiele Schillers, die sie jahrelang mit steigender Begeisterung gelesen hatte, wenn sie, in fremdem Dienste, unartige oder kranke Kinder auf ihren Armen beruhigte oder einschläferte. Nun konnte sie mit ihrem Enthusiasmus, der ins Große und Ganze ging, die scheinbar kleinlichen Bemühungen ihres Vetters nicht vereinigen, die darauf hinausliefen, jedes einzelne Wort Schillers, das je geschrieben oder gedruckt worden, aufs Korn zu nehmen und auf seine Richtigkeit zu prüfen. Schreibfehler, Druckfehlerwelche Kleinigkeit einem Genie gegenüber, das uns ja gerade über alle Grenzen des Verstandes hinausreißt! Schon einmal sei man bestrebt gewesen, ihr den Schiller zu verleiden. Sie habe sich aus seinen Dichtungen ein persönliches Bild von ihm gemacht, so schön, so glänzend, wie das keines andern Mannes. Nun habe ihr eines Tages der Barbier von Munterkingen, als er einem ihrer Pfleglinge Blutegel setzte, mit einer gewissen boshaften Beflissenheit mitgeteilt, daß Schiller ein langer, unbeholfener Mensch mit schlottrigen Knien gewesen, daß er rotes Haar, Sommersprossen, entzündliche Augen gehabt und daß er leidenschaftlich Tabak geschnupft habe. »Himmel und Erdehabe ich ausgerufen, »das ist nicht wahr, und hab’ es auch nie wahr sein lassen. Meinen Schiller trägt der italienische Figurenmann auf dem Kopfe herum, mein Schiller steht auf dem Alten Schloßplatze in Stuttgart, gar net davon zu reden, wie fescht er steht in meinem Innerschten. Ich brauch’ keinen Schiller für Bartputzer und Knochenhauer!...« So konnte Friederike, als die echte Landsmännin des jugendlichen Schiller, zum Verdrusse und Schrecken ihres Vetters blitzen und wettern. Man kann sich denken, wie sie sich als arme Sünderin und verdammte Seele fühlte, wenn Schwälble aus einem Manuskripte oder einer ersten Ausgabe Schillers vorlas und sie, ihm gegenüber in einer andern Ausgabe nachlesend, von allen Unterschieden der Interpunktion und Schreibung Rechenschaft geben mußte. Sie hieß dieses Geschäft zum größten