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Sie wagte ihm nicht entgegenzugehen. Endlich kam die ganze Menschenschar auf sie zu, und der Mann trennte sich von den andern und kam heran und legte ein schönes Kind in ihre Arme. »Hier ist unser Sohn, er ist zu uns zurückgekehrtsagte der Mann. »Und du und kein andrer hast ihn gerettetDer Spielmann Ein Spielmann geht eines Sonnabends spät nachts mit seiner Fiedel unterm Arme einher.

Nein, die Menschen sind da, eine verwirrte, ratlose, hilflose Menschenschar. Die Nacht ist dunkel, sie können einander nicht sehen, können nicht sehen, wohin sie treten. Der Wasserfall braust stark, es ist ein entsetzliches Getöse von zertrümmerndem Eis und zusammenprallenden Baumstämmen; sie können ihr eigen Wort nicht verstehen.

"Gib wieder her!" rief er, lachte und streckte die Arme aus, und die Turmspitze ging auf und nieder mit ihm, auf und nieder. Der Bursch aber nahm die Fiedel unter den Arm: "Du kriegst sie nicht!" rief er, drehte sich um und lief davon, weg von der Menschenschar, von den Häusern fort, über Wiesen und Felder hin, bis er nicht mehr konnte und umsank.

Hedwig sagte eines Abends: »Ich möchte bald meinen, daß ich wie durch eine leichte, aber undurchsichtbare Scheidewand vom Leben getrennt bin. Aber ich kann nicht traurig darüber sein, sondern ich kann nur darüber nachdenken. Andern Mädchen geht es vielleicht ebenso, ich weiß es nicht. Vielleicht habe ich meinen Lebensberuf verfehlt, als ich meinte, einen Beruf für das Leben lernen zu sollen. Wir Mädchen lernen ja doch nur halb, es ist uns nicht um das Lernen zu tun. Wie sonderbar mir das jetzt vorkommt, daß ich Lehrerin geworden bin. Warum bin ich nicht Modistin geworden oder sonst etwas? Ich kann mir gar nicht mehr vorstellen, welche Gefühle mich dazu getrieben haben, einen solchen Beruf zu ergreifen, wie diesen. Was war es denn so Wunderbares, so Verheißungsvolles, das mich damals erfaßte? Glaubte ich gar, eine Wohltäterin zu werden, und glaubte ich, es werden zu müssen, die Verpflichtung, die Sendung spüren zu müssen, es zu werden? Man glaubt so Vieles, wenn man unerfahren ist, und die Erfahrungen machen einen wieder an anderes glauben. Wie merkwürdig. Es liegt eine Härte gegen sich selbst darin, das Leben so ernst aufzufassen, wie ich es aufgefaßt habe. Ich muß es dir sagen, Simon: ich habe es zu ernst und zu heilig aufgefaßt; ich habe nicht daran gedacht, daß ich ein Mädchen bin, als ich unternahm, was nur Männer unternehmen sollten. Niemand hat mir gesagt, daß ich ein Mädchen bin. Niemand hat mir geschmeichelt mit einer solchen Bemerkung. Es hat niemand meiner so gedankenvoll gedacht, als es wäre nötig gewesen, mir eine solche einfache Bemerkung zu machen, auf die ich gehorcht hätte, wenn ich im ersten Augenblick auch die Empörte gespielt hätte. Ich würde darauf gehorcht haben, wenn der Ton aus einem Herzen gekommen wäre. Aber ich hörte nur Worte, oberflächliche und leicht hingesprochene: »Tu das, tu das. Das ist gut, daß du einen Beruf ergreifen willst. Macht dir alle EhreUnd so weiter. Eine sonderbare Ehre, ein unglückliches, innerlich armes und sehnsüchtiges Mädchen zu sein, wie jetzt ich mit dieser Ehre von Beruf. Ein Beruf ist eine Last durchs Leben für einen Mann mit starken Schultern und vorwärtsstrebendem Willen, ein Mädchen wie mich erdrückt er. Habe ich Freude an meinem Beruf? Gar keine Spur, und ich bitte dich, erschrick nur nicht über dieses Geständnis, das ich dir mache, weil du einer bist, dem man mit einer Art Lust Geständnisse macht. Du verstehst mich, ich weiß es. Andere würden mich vielleicht ebensogut verstehen, aber nicht gern, aus diesem oder jenem Grunde. Du verstehst gern, weil du keine Gründe hast, über einfache und offene Geständnisse zu erschrecken. Du lebst mein ganzes Leben in dir mit, mit mir, deiner Schwester. Du bist eigentlich zu gut dazu, nur mein Bruder zu sein. Es ist schade, daß du mir nicht mehr sein kannst: Auch das würdest du gerne sein; denn du nickst mit deinem Kopfe. Laß mich weiter erzählen. Wenn man dich als Zuhörer hat, erzählt man gerne. So höre denn weiter, daß ich entschlossen bin, meine Schulkarriere aufzugeben, und zwar bald; denn meine Kräfte halten dies Leben nicht lange mehr aus. Ich glaubte, es wäre ein schönes Leben, Kinder in die Welt hineinzuführen, sie zu unterrichten, ihnen die Seelen für die Tugenden zu öffnen, sie zu überwachen und zu belehren. Es ist ja auch eine ganz schöne Aufgabe, aber sie ist viel zu schwer für mich Schwache; ich bin ihr nicht gewachsen, lange nicht. Ich glaubte, ich wäre es, aber ich sehe das Gegenteil ein: mich zusammensinken sehe ich unter meiner Aufgabe, die mir eine tägliche Erholung sein sollte und die mir nur eine Last ist, die ich als ungebührlich und ungerecht empfinde. Das, was einen niederdrückt, empfindet man als ungerecht. Unrecht, dieses zu empfinden, sollte ich haben? Liegt nicht in meiner Empfindung das Maß für mir zugefügtes Unrecht? Und was kann ich denn dafür, daß das Unrecht in seiner Art unschuldig und süß ist: die Kinder? Die Kinder! Ich kann sie nicht mehr ertragen. Ich freute mich in der ersten Zeit über alle ihre Gesichter, über ihre kleinen Bewegungen, über ihren Eifer und selbst über ihre Fehler. Ich freute mich über den Gedanken, mich dieser jungen, schüchternen und hilflosen Menschenschar gewidmet zu haben. Aber kann ein solcher einziger Gedanke über ein Leben hinwegtäuschen, kann man ein ganzes Leben mit einer Idee hinwegdenken? Wehe, wenn diese Idee und dieses Opfer einem eines Tages gleichgültig werden, wenn man den Gedanken, der einem alles ersetzen soll, nicht mehr mit so inniger Leidenschaft zu denken vermag, als es nötig ist, um den Tausch in der Seele zu rechtfertigen. Wehe, wenn man überhaupt einen Tausch merkt. Dann fängt man an zu grübeln, zu unterscheiden, abzuschätzen, mit Wehmut und Zorn zu vergleichen, und ist unglücklich, so wankelmütig und untreu geworden zu sein, und ist froh, wenn nur immer ein Tag zu Ende ist, um in der Stille weinen zu können. Einmal nur mit einem Hauch treulos, will man mit dem Lebensgedanken, der nur auf vollkommener Hingabe beruht, nichts mehr zu tun haben und sagt sich: Ich tu meine Pflicht, weiter denke ich an nichts mehr! Die Kinder blieben mir immer lieb, sie sind mir immer lieb geblieben. Wem könnten Kinder nicht lieb sein? Aber wenn ich unterrichte, denke ich an anderes, an ferneres und weiteres, als ihre kleinen Seelen sind, und das ist der Verrat, den ich an ihnen begehe, den ich nicht mehr mit ansehen will. Eine Schullehrerin muß in den kleinen Dingen mit ihrer ganzen Liebe untergehen, sonst vermag sie nicht Gewalt auszuüben, und ohne Gewalt bleibt sie wertlos. Vielleicht ist das übertrieben gesprochen, und ich bin auch fest davon überzeugt, daß alle, oder die meisten Menschen, zu denen ich so spräche, diese Sprache übertrieben finden würden. Diese Sprache aber entspricht meiner Auffassung vom Leben; da ist es wohl unmöglich, daß ich anders sprechen könnte. Ich habe es noch nicht gelernt, eine Zufriedenheit, eine Genugtuung, ein Wohlbefinden zu lügen, das ich nicht empfinde, und ich glaube, man irrt sich, wenn man annimmt, daß ich das je lernen werde. Ich bin zu schwach, um täuschen und heucheln zu können, und ich erblicke, so scharf ich auch nachdenke, keine Gründe, die das Vorlügen rechtfertigten. Wenn ich mit dir jetzt so rede, so ist das nur die Ausnutzung eines Augenblickes, nach dem ich mich schon lange gesehnt habe, um meine ganze Schwäche einmal entladen zu können. Es tut einem so wohl, seine Schwäche eingestehen zu dürfen, nach den Monaten der peinigenden Zurückhaltung, die eine Stärke verlangte, deren ich nicht fähig bin. Ich bin der Pflichterfüllung, die mir nicht schmeichelt, auf die Dauer nicht fähig, und ich suche jetzt nach einer Arbeit, die meinem Stolz und meiner Schwäche zusagen wird. Ob es mir gelingen wird? Ich weiß es wahrhaftig nicht, aber ich weiß nur, und das bestimmt, daß ich suchen muß, bis ich die Überzeugung gefunden habe, daß es ein Glück und eine Pflicht gibt, beides eines! Ich will Erzieherin werden und habe bereits einer reichen, italienischen Dame brieflich meine Dienste angeboten, in einem vielleicht zu langen Briefe, in welchem ich ihr geschrieben habe, daß ich imstande sei, zwei Kinder, ein Mädchen und einen Knaben, in allem Wünschenswerten zu unterrichten. Ich habe in dem Briefe, ich weiß nicht, was alles, gesagt, daß ich die Schulstube gerne mit der Kinderstube vertauschen möchte, daß ich die Kinder liebe und achte, daß ich Klavier spielen und schöne Sachen sticken könne und daß ich ein Mädchen sei, dem man nur mit Strenge zu begegnen brauche, um ihm eine Wohltat zu erweisen. Ich habe mich sehr stolz in dem Schreiben ausgedrückt, habe der Dame gesagt, daß ich zu lieben, zu gehorchen verstände, aber nicht zu schmeicheln, daß ich wohl schmeicheln könnte, aber nur dann, wenn ich es selber mir beföhle; daß ich mir meine zukünftige Herrin lieber stolz und streng, als nachgiebig vorstelle, daß es mir Schmerz und Enttäuschung bereiten würde, wenn ich sie so fände, daß man sie, wenn man die Absicht hätte, leicht und frech hintergehen könnte; daß ich nicht die Absicht hätte, zu ihr zu kommen, um bei ihr auszuruhen, sondern daß ich hoffe, Arbeit für mein Herz und auch für meine Hände zu bekommen. Ich habe ihr das Geständnis gemacht, daß ich schon jetzt, in der Vorausahnung, ihre beiden Kinder innig liebe, daß es mir an der nötigen Achtung vor Kindern nicht fehle, um dieselben streng und zugleich hingebungsvoll zu erziehen, daß ich erwarte, daß man mich gewähren lasse, ihr, der Dame, in diesem Sinn zu dienen, daß ich eine zugleich heftige und gelassene Auffassung vom Dienen hätte und daß ich nicht dazu zu bewegen wäre, von meiner Auffassung abzuweichen. Zu glattem und speichelleckerischem Dienst sei ich nicht zu gebrauchen, ebensowenig hätte ich das Talent, auf eine unzarte, unstolze Weise zuvorkommend zu sein. Daß ich aber auf eine milde Behandlung zu Gunsten einer kalten und strengen, wenn es nur zugleich keine beleidigende sei, gern verzichtete, daß ich meinen Stand sehr wohl und zu jeder Zeit von dem ihrigen abzumessen verstände, daß ich keine Gerechtigkeit aber Stolz verlange, der ihr verbieten würde, mir ungerecht zu begegnen und daß ich in meiner Seele entzückt wäre, wenn sie mir, wenn auch nur einmal im Jahr, ein Zeichen gütiger Zufriedenheit gäbe, das ich mehr zu schätzen wüßte als Vertraulichkeit, die für mich erniedrigend und keine Gnade wäre, daß ich hoffe, eine Dame zu finden, an der ich emporblicken könne, um zu lernen, wie man sich in allen Fällen zu benehmen habe und daß sie nicht zu fürchten brauche, in mir eine Schwätzerin in ihren Dienst zu nehmen, der es ein Vergnügen wäre, ihre Geheimnisse auszuplaudern. Ich sagte ihr, daß ich nicht imstande sei, zu sagen, wie gern ich sie bewundern und ihr gehorchen möchte und ihr zeigen möchte, in welcher Weise ich es verstünde, ihr niemals lästig zu fallen. Ich sprach dann die Befürchtung und zugleich die Hoffnung aus, daß ich die Sprache ihres Landes, obwohl ich sie noch gar nicht kenne, doch sicher bald lernen würde, wenn man mir nur zeigte, wie ich mich dabei zu verhalten habe. Sonst wisse ich nichts, was mich nicht dazu berechtige, in ihr Haus zu treten, sagte ich zum Schluß, als vielleicht die Schüchternheit, die meinem Auftreten noch anklebe, die ich aber zu überwinden hoffe; das Linkische und Unbeholfene sei sonst nicht meine Natur