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Aktualisiert: 30. April 2025


Fünftes Kapitel. Sebastian war ein junger Poet, der seine Verse von einer kleinen Bühne herab dem Publikum vortrug. Er pflegte sich dabei durch sein Ungestüm immer ein wenig lächerlich zu machen. Er war in jungen Jahren seinen Eltern durchgebrannt, hatte mit sechzehn Jahren in Paris gelebt und war mit zwanzig zurückgekommen. Sein Vater war Musikdirektor in der kleinen Stadt, wo auch Hedwig, die Schwester der drei Brüder, zu Hause war. Dort trieb Sebastian ein merkwürdig tagediebisches Wesen, saß oder lag tagelang in einer hochgelegenen, verstaubten Kammer, ausgestreckt auf einem schmalen Bett, in dem er des Nachts schlief, ohne sich die Mühe zu nehmen, es für den Schlaf in Ordnung zu bringen. Seine Eltern hielten ihn für verloren und ließen ihn tun, was er wollte. Geld gaben sie ihm nicht, denn sie hielten es für unangebracht, mit Geldspenden den Ausschweifungen ihres Sohnes entgegenzukommen, denen sie ihn ausgesetzt wußten. Zu einem ernsthaften Studium war Sebastian nicht mehr zu bewegen; er trieb sich, irgend ein Buch unter dem Arm oder in der Tasche, auf den Bergen, in den Wäldern umher, kam oft mehrere Tage lang nicht nach Hause, übernachtete, wenn das Wetter nur einigermaßen es gestattete, in verfallenen, von keinem Menschen, nicht einmal von wilden und rauhen Hirten benutzten Hütten, auf Weiden, die dem Himmel näher lagen als irgend einer menschlichen Zivilisation. Er trug immer denselben zerschossenen Anzug aus hellgelbem Tuch, ließ sich den Bart wachsen, legte aber sonst sehr viel Wert darauf, angenehm und sauber zu erscheinen. Seine Fingernägel pflegte er mehr als seinen Verstand, den er einfach verwildern ließ. Er war schön, und da es bekannt war, daß er dichtete, so verbreitete sich um seine Person ein halb lächerlicher, halb wehmütiger Zauberschein, und es gab viele vernünftige Menschen in der Stadt, die den jungen Mann aufrichtig bemitleideten und sich seiner, wo sie nur konnten, aufs herzlichste annahmen. Man lud ihn, da er ein vortrefflicher Gesellschafter war, öfters zu Abendgeselligkeiten ein, und entschädigte ihn solchermaßen ein wenig dafür, daß ihm die Welt weiter keine Aufgaben stellte, die seinen Drang nach Betätigung hätten befriedigen können. Sebastian besaß in hohem Grade diesen Drang, aber er war zu sehr aus dem Geleise des allgemein gültigen und vorgeschriebenen Strebens hinausgekommen. Er strebte vielleicht zu wild, und nun, da er einsah, daß sein Streben ihm nichts half, mochte er gar nicht mehr streben. Er spielte seine eigenen Lieder, die er gedichtet hatte, auch auf der Laute und sang mit angenehmer, weicher Stimme dazu. Das einzige Unrecht, allerdings ein großes, das man ihm angetan hatte, bestand darin, daß man ihn, schon als Schulknaben, verhätschelte und ihm half, sich einzubilden, daß er so etwas wie ein genialer Bursche sei. Wie bohrte sich solch eine stolze Einbildung in das empfängliche Knabenherz hinein! Erwachsene Frauen bevorzugten den Umgang mit dem frühreifen, allesverstehenden Knaben, der ihnen einen unvergleichlichen Reiz einflößte, auf Kosten seiner eigenen menschlichen Entwicklung. Sebastian pflegte oft zu sagen: »Meine Glanzzeit liegt längst hinter mirEs war schrecklich, einen so jungen Mann so sprechen zu hören. In der Tat, was er auch machte, bezweckte, einleitete und tat, er tat es mit müdem, kaltem, halbem Herzen, und so tat er eben nichts, er spielte bloß noch mit sich. Hedwig sagte einmal zu ihm: »Sebastian, hören Sie, ich glaube, Sie weinen oft über sich selberEr nickte mit dem Kopf und bestätigte es. Hedwig bemitleidete ihn und steckte ihm manchmal etwas an Geld oder dergleichen zu, um ihm das Leben etwas freundlicher zu machen. So nahm sie ihn auch diesmal auf die kleine Reise mit, zu ihren Brüdern. An dem Abend, an dem Klara so selig war, Klaus traurig und einsam, Simon glücklich, Kaspar aufgebracht und übermütig, wandelten die beiden, Hedwig und ihr Poet, langsam und stillschweigend, ebenfalls am Ufer entlang. Was konnte man sprechen; so schwieg man eben. Kaspar kam ihnen entgegen: »Wie ich höre, arbeiten Sie an einem Gedicht, das den Inhalt Ihres Lebens widerspiegeln soll. Wie können Sie ein Leben wiedergeben wollen, wo Sie doch kaum eines erlebt haben. Sehen Sie sich einmal an: wie stark und jung Sie sind, und das will sich hinter den Schreibtisch verkriechen und in Versen sein Leben besingen. Machen Sie das, wenn Sie fünfzig alt sind. Ich finde es übrigens beschämend für einen jungen Mann, Verse zu verfertigen. Das ist keine Arbeit, sondern nur ein Schlupfwinkel für Müßiggänger. Ich wollte nichts sagen, wenn Ihr Leben fertig und abgeschlossen wäre durch irgend ein großes besänftigendes Erlebnis, das den Menschen berechtigt, Rückschau zu halten auf Fehler, Tugenden und Verirrungen. Sie aber scheinen noch nie gefehlt zu haben und scheinen auch noch nie eine gute Tat begangen zu haben. Dichten Sie erst, wenn Sie als Sünder oder als Engel dastehen. Dichten Sie lieber überhaupt gar nicht

Bei den Flammen des Kamines Sitz ich träumend, und ich seh, Wie die Fünkchen in der Asche Still verglühn Gut Nacht Ade! Lazarus I. Weltlauf Hat man viel, so wird man bald Noch viel mehr dazu bekommen. Wer nur wenig hat, dem wird Auch das Wenige genommen. Wenn du aber gar nichts hast, Ach, so lasse dich begraben Denn ein Recht zum Leben, Lump, Haben nur die etwas haben. II. Rückschau

Dorine Dorine Oberlin war vierzig Jahre alt. Sie hatte eine Jugend im Sinn von Freiheit und Überschwang nicht gelebt, daher fühlte sie dieses Alter nicht als Abstieg und nicht als Verarmung, sondern als Ergebnis eines natürlichen Prozesses, der sie weder zur Rückschau zwang, noch zum Bedauern.

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