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Aktualisiert: 7. Juni 2025
Die Gemeinde schien vollzählig versammelt zu sein – Eycken nickte befriedigt. Plötzlich glitt über sein Gesicht ein Ausdruck von Erstaunen; Hedda senkte wieder den Blick auf das Gesangbuch, denn nun wußte sie, daß das Auge des greisen Pfarrers im nächsten Moment sie selbst treffen würde.
In dichten weißen Locken umwallte das Haar sein Haupt; Schnurrbart und Vollbart waren ebenfalls schneeweiß und lang; so sah er wie einer jener alten Patriarchen aus, von deren das gewöhnliche Menschenalter überragendem Leben voll Wohltun und Köstlichkeit die Bibel erzählt. Eycken war nie verheiratet gewesen. Eine alte Haushälterin führte ihm die Wirtschaft.
Und so war es in der Tat, doch Eycken schaute nur flüchtig, einen leichten Wolkenschatten auf der Stirn, zu Hedda hinüber und öffnete dann sein Buch zum Beginn der Liturgie ... Es war kalt in der Kirche. Die Sonne wärmte nicht, sie leuchtete nur. Sie füllte den kahlen Raum mit einem weißgelben Schimmer, der in den Winkeln der Sakristei zu verwischtem Graugrün wurde.
»Richtig, Hedda,« erwiderte Eycken. »Es wäre egoistisch, wenn ich mir von meinen Studien für Mit- und Nachwelt etwas verspräche. Aber das tue ich nicht. Ich arbeite nur für mich; ich will auch in die Polemiken, mit denen die zünftigen Gelehrten sich gegenseitig überschütten, nicht hineingezogen werden.... Ich habe da vor langen – ach, vor langen Jahren« – und ein wehmütiger Zug flog über sein schönes Greisenantlitz – »in Neapel einmal einen Komponisten kennen gelernt. Der Mann war reich, und wenn er eine Oper oder ein Orchesterstück vollendet hatte, so mietete er sich ein Theater oder einen Konzertsaal und ließ sich sein Werk allein aufführen. Nur er selbst, kein Zuhörer sonst durfte dabei sein. Und niemals befriedigte ihn eins seiner Werke völlig. Und dann packte er seine Partituren zusammen, beschwerte sie mit Steinen, ließ sich in schöner Mondnacht in den Golf hinausrudern und versenkte sie in das Meer.... Sehen Sie, das begreife ich. Ich bin auch nie zufrieden mit dem, was ich geschaffen habe, und wenn ich dann an einen Punkt komme, von dem aus ich nicht weiter kann, wo die Forschung aufhört und die Hypothese beginnt – da breche ich ab und lege das Manuskript zu den übrigen
Er traf Eycken nicht zu Hause, doch sagte man ihm, daß der Pastor »auf dem Bauplatze« sei. Das war die Lichtung in der Tannenschonung, wo das Kinderasyl im Entstehen war. Der Herbsttag war nicht allzu freundlich. Ein kräftiger Wind wehte von den Bergen herab, so daß die Bäume sich neigten und ihr buntes Laub abschüttelten.
Es war hier im Gegensatz zu der brennenden Mittagsglut auf der Chaussee wundervoll kühl und schattig. Ein grünlicher Dämmer spann seine Schleier zwischen den Stämmen der Buchen aus, und Sonnenflecken kreisten und zitterten überall auf dem gelben Kies der Wege. Der Superintendent eröffnete die Feier mit einem Gebet, dann hielt Eycken die Weiherede.
Oft genug war er zu nächtlicher Stunde und zu Fuß, um nicht gesehen zu werden, durch den Wald nach Döbbernitz geeilt, um mit Klaus Rücksprache zu nehmen, wenn wieder einmal einer seiner unsinnigen Streiche zu seinen Ohren gekommen war – irgend eine tolle Weibergeschichte, die die ganze Umgegend in Aufruhr brachte, ein wildes Gelage in Zielenberg oder in Kölpin, wo die Königindragoner standen, oder eine gesetzwidrige Vergewaltigung der Gläubiger.... Und bei solchen Rücksprachen schwand die christliche Milde bei Eycken, da wurde er zum zornigen Eiferer, und die Stimme schwoll an, und seine Augen blitzten.
Als Eycken, vor dem Altare stehend, den Blick über die Gemeinde schweifen ließ, fiel es ihm auf, wie stark sie sich im letzten Jahr gelichtet hatte. Eine ganze Menge fehlte: die Familien Braumüller, Thielemann, Maracke, Klauert und auch Tengler, der gleichfalls nicht hatte der Versuchung widerstehen können und der goldenen Lockung Alberts zum Opfer gefallen war.
Jetzt mußte Klaus bereits auf der Flucht sein, und sein verbrecherischer Leichtsinn verschloß ihm für immer die Rückkehr in die Heimat. Eycken hatte recht, wenn er sagte: Klaus ist tot.
Selbstverständlich überschritten die Kosten schon jetzt den Anschlag, aber Eycken machte das wenig Kummer. Er wollte nicht sparen – für wen auch?
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