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Aktualisiert: 16. Juni 2025
Die Ferse steht nach oben. Der Stabsarzt sagt sehr ruhig: »Hier ist kein Platz mehr.« Der bärtige Bauer erwacht aus der Ohnmacht, hat unerträgliche Schmerzen im Bein, das er nicht mehr hat. Und ist ungeheuer glücklich. Schiebt die Hand vorsichtig unter die Decke zum schmerzenden Beine, greift behutsam an die Schmerzen und greift doch kein Bein.
Der Stabsarzt denkt: >Von allen Seiten kommen die langen, schmalen Spitale ins Land, auf allen Geleisen tragen die Lazarettzüge die Krüppel ins Land. Täglich seit drei Jahren. In alle Städte, in alle Städtchen, in alle Dörfer.< Er sieht in der Ferne die niedere, schwarze Silhouette von Berlin. Das ist das Ziel der Reise.
Auch wenn er nicht spricht, muß er ununterbrochen in rasender Folge Atem holen. Sein Gesicht ist blau. Er ist total abgemagert. Sieht zum Stabsarzt auf mit einem Blicke, der aus Bitten, Frage und Angst besteht. Und atmet. Und atmet. Schnell wie ein Hund, der einem Automobil nachgerast ist. Er will am Leben bleiben. Sein bittender Angstblick fragt, ob es ihm einmal wieder besser gehen werde.
»Ja, es wird besser werden«, sagt der Stabsarzt. Und denkt: >Im Laufe von drei bis vier Jahren . . ., wenn nicht vorher seine Kraft schon erschöpft und seine komprimierte Lunge nicht schon vorher abgestorben ist.< Schon oft hat der Stabsarzt überlegt, welcher von seinen Kranken der Beklagenswerteste sei.
Die für tauglich Befundenen sahen einander prüfend von der Seite an und entfernten sich zaudernd, als erwarteten sie, daß eine schwere Hand sich ihnen auf die Schultern lege. Einer, ein Schauspieler mit einem Gesicht, als sei ihm alles eins, kehrte um, stellte sich nochmals vor den Stabsarzt hin und sagte laut, mit sorgfältiger Aussprache: „Ich möchte noch hinzufügen, daß ich homosexuell bin.“
Ein Geschoß hat ihm den Rückenwirbel zersplittert. Und der Rückenwirbel ist falsch zusammengewachsen. Der Krüppel kann sich nicht aufrichten. Kann sich in seinem Leben nie mehr aufrichten. Er geht, ein wandelnder rechter Winkel, am Stabsarzt vorüber, wendet sich um, langsam wie eine Kuh, hebt mühsam das Gesicht, fragt den Stabsarzt mit den Augen.
Denn er wird gestraft. Muß gestraft werden.« >Werden an Ketten gelegt werden.< »Es wird einen Prozeß geben. Streit und Haß . . . Ebenso ist es, wenn im Kriege Land erobert wird: Haß, Vergeltung. Ein neuer Krieg.« >Ist denn das wirklich eine Frau? Eine Frau?< denkt der Stabsarzt und hört sie sagen: »Mein Mann war Versicherungsagent . . .«
Sofort grinsten alle ringsum, und Diederich blieb nichts übrig, als auch seinerseits die Augen auf seinen Bauch zu senken, der errötet war ... Der Stabsarzt hatte seinen vollen Ernst zurück. Einem, der nicht so scharf hörte, wie es Vorschrift war, erging es schlecht, denn man kannte die Simulanten!
Und das Ungeheuerste wird zum Ereignis: es kommt vor, daß man auf der Straße Menschen begegnet, denen man ansieht, daß sie nicht nur leiden, sondern auch . . . denken. Der Stabsarzt, immer unterwegs, von Krankenhaus zu Krankenhaus, von Krüppel zu Krüppel, blickt auf der Straße die Menschengesichter an und denkt: >Der Geist bricht los.
Blicklos. Alle Hände liegen auf den Schenkeln. Ernste Puppen. Ein Irrsinniger, ganz unverwundet, ein dreißigjähriger Mensch, in dessen ernstem Gesicht noch die Züge früheren Geistes zu sehen sind, steht auf, streckt ein geöffnetes, leeres Streichholzschächtelchen dem Stabsarzt hin und sagt: »Sehn Sie, hier sind die Augen meiner Mutter.
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