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Aktualisiert: 3. Juni 2025
Sie sah ihre Schuld darin, daß sie unverträglich gegen eine Frau gewesen war, die im Grunde eben doch eine Sünderin war. Wenn Sissel Aune oben bei dem Jungen saß und ihm von Ragni erzählte, wie liebevoll sie bis zum letzten Augenblick gewesen sei, dann empfand sie das Unmenschliche ihres Betragens, daß sie Ragnis Herzensgüte, daß sie Kallems Liebe hatte übersehen können.
Ebenso nahm sie die Hand Ragnis; und Ragni erschrak; denn sie wußte in ihrem Innern, daß sie es nicht verdiene. Die Witwe eilte an den andern vorbei, der Stadt zu; Sören Pedersen und Aase hatten Mühe ihr zu folgen. Ragni aber nahm Kallems Arm; sie hätte sich ihm an die Brust werfen und laut weinen mögen. Kristen Larssens Haus stand leer; kein Käufer oder Mieter fand sich.
Dies Zusammentreffen bewirkte, daß Kallem schon am nächsten Tag Karl Meek aufsuchte, und daß dieser drei Tage darauf samt Klavier, Büchern und Kleidern in dem großen Giebelzimmer in Kallems Haus installiert war in der Stube, die nach dem Park hinausging. Kallem hatte auch den stärksten Widerstand von seiten Ragnis überwunden.
Aber sie redeten von ganz anderen Dingen: daß ihre Schwester nicht kommen könne, und daß er Sissel Aune zu Ragnis Pflege geholt habe; sie eigne sich von allen, die er kenne, am besten dazu und sei ihnen treu ergeben. Ragni nickte zustimmend. Und dabei sahen sie einander an, wie Menschen, die sich nicht satt aneinander sehen können.
Sie schluchzte, schluchzte und zwang sich, still zu sein, damit niemand sie hier finden solle, zusammengekauert, zusammengebrochen unter der Schmach ihres Verbrechens. Ihre Hände tasteten um Ragnis Handschrift, ihr Kopf sank auf die Hände: "Vergib! Vergib!" flüsterte sie, und sie wußte, daß niemand, niemand sie höre, und daß niemand, niemand ihr vergeben könne.
Als sie Ragnis tiefe Verlegenheit bemerkte, zog sie sie schnell beiseite: "Denken Sie nur ja nicht, daß ich es nicht ganz genau ebenso gemacht hätte, wie Sie!" flüsterte sie. "Noch dazu, wenn man einen Mann findet, wie Ihren!" und sie drückte Ragnis Arm. Sie war sehr gewandt und fesch und hatte keine Ahnung, wie sie das feine Geschöpf peinigte, das sie da am Arm hielt.
Er trat hinaus, um sie wieder zuzumachen, und blickte dabei zufällig zur Seite: von der Veranda gegen den Nordwind geschützt, auf Ragnis Bank unter den Fenstern seines Studierzimmers saß Josefine, ihr Tuch über den Knien. Sie sah ihn und kroch in sich zusammen wie ein flügellahmer Vogel, der sich nicht vom Fleck rühren kann und doch Angst hat, man könne ihn sehen.
Aber im selben Augenblick, als sie die Tür hinter sich schloß, fiel ein schwacher Lichtschein auf sie; er kam aus der Vertiefung, die zum Zimmer der Tante führte; dort wurde eben die Tür geöffnet, und sie selbst stand davor in Ragnis aufgescheuchter Phantasie groß wie ein aufgerichteter Walfisch.
Diese zarte, leichtschwingende Handschrift war natürlich Ragnis. Josefine begann zu zittern, und wußte doch nicht warum. Da lag ein Brief von einer andern Hand geschrieben, die ersten Worte in roter Tinte. Keine Unterschrift. Aber als sie las, daß Kallem dies nicht sehen dürfe, vermutete sie einen Liebesbrief von Karl Meek, den Kallem nach ihrem Tode gefunden hatte. Was sollte sie damit?
Und jetzt hörte er Ragnis Stimme: sie wolle Licht holen, es sei ja ganz dunkel hier. Im Singsang der nordländischen Schifferlieder wurde das abgelehnt. Hier waren die Gummischuhe, gleich an der Tür; sie seien nur nicht leicht anzuziehen es seien ganz "neue"! So! Nun saßen sie. Wieder ein zärtliches "Adieu, adieu!" und als Antwort ein "Auf Wiedersehen am Freitag!" Das letzte sagte Ragni.
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