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Orlas Hand behielt er länger als gewöhnlich in der seinen, und sein tiefer, ernster Blick ruhte mit Innigkeit auf ihrem Antlitz. „Auf Wiedersehen!“ sagte er leise und ging fort. Ilse hatte Nellies Sachen hereingeholt und half der Freundin mit zitternden Händen beim Anziehen. Wie ein Alp lastete es auf allen, und nur das Nötigste wurde gesprochen.

Ihr Profil war scharf geschnitten, ein keckes Stumpfnäschen verlieh ihrem Gesicht etwas Pikantes, und den kleinen vollen Mund mit den stolz geschwungenen Lippen hatte Flora schon in der Pension als ‚vollendet klassisch‘ besungen. Trotz einer gewissen Schroffheit in Orlas Wesen konnte sie hinreißend liebenswürdig sein und jedermann bezaubern.

Orlas strahlendes Gesicht tauchte in diesem Augenblick vor ihr auf, und sie beneidete die Freundin fast um ihr Glück, welches sie sich gewiß nie durch kleinliche Zweifel trüben würde. Der Mann, dem Orla ihr Herz geschenkt hatte, durfte sicher sein, daß sie ihm kein unverdientes Leid zufügen werde. Aber konnte sie denn nicht dem guten Beispiel Orlas folgen und ebenso werden, wie diese?

Die arme Nellie, sie ist so erregt, es ergreift sie tief,“ sagte er. „Sie muß entschieden jetzt Ruhe haben,“ versetzte Orla, „ich werde zu Flora gehen und sie ablösen.“ „Ich gehe mit,“ rief Ilse und hing sich an Orlas Arm. Die beiden gingen mit Althoff zusammen fort.

Der Mond schien voll und klar und zeigte ihr jeden Schritt, den sie zu machen hatte. Als sie in gleicher Höhe mit dem Schlafgemache Orlas und der Schwestern war, konnte sie der Versuchung nicht widerstehen, einen Blick in das Fenster zu thun. Vorsichtig und behende balancierte sie auf dem Ast, der sie trug und dessen grüne Spitzen beinahe das eine Fenster berührten, und sah hinein.

Orla, du bist ja so in Gedanken versunken,“ sagte da Ilse neben ihr. „Komm, ich glaube Rosi ist ärgerlich auf den Doktor, sieh nur, was sie für ein böses Gesicht macht!“ Sie hing sich an Orlas Arm und führte sie mit sich fort.

Sie hatte dabei nicht gedacht, daß die neugierige Dame eine sehr helle und durchdringende Stimme besaß, so daß Orla recht wohl hören konnte, was sie sagte. Übrigens war dieser erst jetzt bei Ilses Frage die Angelegenheit wieder eingefallen, der sie zuerst keine weitere Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Ilse wußte nicht, was sie auf Orlas Frage antworten sollte, und schwieg deshalb still.

Kamst du nur nach Deutschland, um Althoffs zu besuchen, liebe Orla oder führt dich noch ein andrer Zweck hierher?“ „Du erlaubst wohl,“ unterbrach sie Orla, „daß ich dir Herrn Doktor Andres vorstelle und dich bitte, mich mit deinem Manne bekannt zu machen.“ Rosi war innerlich empört über die Zurechtweisung, wie sie Orlas Bitte nannte.

Ilse stand schon wieder am Fenster und warf prüfende Blicke in den Baum. »Siehst du, auf diesen Zweig steige ich zuerstsagte sie ganz erregt, »und dann auf den dort, – es hängen drei herrliche Aepfel daran, – die pflücke ich zuerst und werfe sie dir zu, – dann geht es höher hinauf bis an Melanies und Orlas Stubenfenster, – sie lassen es immer offen stehen des Nachtsdann stecke ich den Kopf hinein und rufe: Gute Nacht

Und hier, Doktor: Fräulein Orla Sassuwitsch, eine liebenswürdige Kollegin in spe.“ Über Orlas Gesicht flog bei diesen Worten eine leichte Röte, und ihre Augen senkten sich zu Boden. Sie ahnte nicht, wie schön sie gerade in diesem Augenblick war, und daß die Blicke des jungen Mannes bewundernd auf ihr ruhten. Eigenartig und vornehm sah die Russin aus.