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Jetzt fiel ihr Blick auf Ilses durchnäßte Kleider, und als sie nach ihrer Hand faßte, bemerkte sie, wie kalt diese war. „Ilse, du bist ja ganz feucht und kalt, wo bist du gewesen?“ fragte sie ängstlich. „Gewiß hast du draußen im Mondenschein vom Herzallerliebsten geschwärmt,“ sagte Flora neckend, „gestehe es nur, Ilse.“

„O nein, so darfst du nicht sprechen, Ilse; deinen Bräutigam mußt du am liebsten auf die ganze Welt haben, dann deine lieben Eltern, und zuletzt kommt erst Frau Elinor nebst Gemahl.“ Um Ilses Mund zuckte es spöttisch, und eine bittre Antwort drängte sich auf ihre Lippen, aber sie bezwang sich und schwieg. Nellie sollte nur wissen, wie sie ihr Bräutigam behandelt hatte!

Aber auch sie berührte nicht mehr das peinliche Thema. „Es ist besser, du schweigst,“ hatte ihr Mann gesagt, als sie wieder einmal versuchen wollte, ob sie Ilse bewegen könne, an ihren Bräutigam zu schreiben. Sie wußte von Ilses Mutter, daß Leo, empört und zugleich betrübt über die Tat seiner Braut, ihr auf keinen Fall schreiben oder gar selbst kommen würde.

Sie hatte dabei nicht gedacht, daß die neugierige Dame eine sehr helle und durchdringende Stimme besaß, so daß Orla recht wohl hören konnte, was sie sagte. Übrigens war dieser erst jetzt bei Ilses Frage die Angelegenheit wieder eingefallen, der sie zuerst keine weitere Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Ilse wußte nicht, was sie auf Orlas Frage antworten sollte, und schwieg deshalb still.

Die schönen, großen Augen blickten heute nicht so fröhlich wie sonst, sie hatten einen ängstlich erwartungsvollen Ausdruck, und um den Mund zuckte es in nervöser Aufregung. »Dir fehlt doch nichts, Ilschenfragte Herr Macket und sah sein Kind besorgt an. »Du bist so blaß, hast du schlecht geschlafenDie herzliche Frage des Vaters löste mit einemmal die unnatürliche Spannung in Ilses Wesen.

Was in diesem Augenblicke in Ilses Innerem vorging, ist schwer zu beschreiben. Sie sah sich verlacht und verspottet von allen Seiten und durfte sich nicht dagegen verteidigen. Ihr heißes Blut, ihre unbändige Natur bäumten sich mit aller Macht auf gegen die, wie sie glaubte, ihr öffentlich angethane Schmach.

Mit Schrecken dachte Nellie daran, was Ilses Bräutigam wohl zu diesem Schritte sagen würde? O, mein Gott, wenn er ihr den Ring zurückgab, wie Lucies Bräutigam es getan hatte! Nellie bebte bei diesem Gedanken, und ihr treues Herz empfand bange Sorge um die Zukunft ihrer Freundin.

Sie gab auch einige Male zerstreute Antworten auf Ilses Fragen, ganz gegen ihre sonstige Art. „Gute Nacht, Ilse,“ sagte sie schon im Bette liegend und bemerkte erst jetzt, daß diese noch nicht angefangen hatte sich auszuziehen. „Willst du noch nicht zu Bette gehen?“ fragte sie. „Nein, Orla, ich bleibe noch etwas auf, ich bin noch nicht müde.“

Dagegen war nichts einzuwenden. Ilses Antwort war so echt kindlich und natürlich. Frau Gontrau strich ihr die krausen Locken zurück und klopfte ihr leicht die Wange. »Sie haben recht, liebe Kleine, Ihren Entschluß nicht zu ändern. Wir wollen auch gar nicht weiter in Sie dringen mit unsren Bitten.

Aber nun diese erklärte, daß sie ohne Scheu ihren Bräutigam um Verzeihung bitten würde, wenn sie ihn gekränkt hätte, schien es ihr, als ob sie durch dieses Geständnis von ihrem Stolz nichts einbüßte und deshalb noch lange keine unterwürfige Natur zeigte. Orla war herangetreten und legte die Hand auf Ilses lockiges Haar.