Vietnam or Thailand ? Vote for the TOP Country of the Week !
Aktualisiert: 16. Mai 2025
Im »Roten Kreuz« angekommen, warf sie sich aufs Bett. Es war in demselben Zimmer des zweiten Stocks, wo ihr Leo damals seinen ersten Besuch gemacht hatte. Um vier Uhr nachmittags ward sie von Hivert geweckt. Zu Haus zeigte ihr Felicie ein Schriftstück, das hinter der Uhr steckte. Emma las: »Beglaubigte Abschrift. Urteilsausfertigung ...« Sie hielt inne. »Was für ein Urteil?« Sie besann sich.
Sie lehnte sich aus dem Wagenfenster hinaus und sog die frische Luft ein. Die drei Pferde liefen schneller, die Steine der schmutzigen Landstraße knirschten, der Wagen schwankte. Hivert rief die Fuhrwerke und Karren an, die vor ihm fuhren. Die Bürger, die aus ihren Landhäusern im Wilhelmswalde zurückkehrten, wo sie die Nacht über geblieben waren, wichen mit ihren Familienkutschen gemächlich aus.
Die Absätze von Emmas Stiefeletten klapperten laut auf dem Pflaster des Hofes. Nachdem Hivert seine Morgensuppe eingenommen, sich den Mantel angezogen, die Tabakspfeife angezündet und die Peitsche in die Hand genommen hatte, kletterte er saumselig auf seinen Bock. Langsam fuhr die Post endlich ab.
Vor dem Gasthofe entstand ein kleiner Menschenauflauf. Alles redete durcheinander. Der eine fragte nach Neuigkeiten, ein andrer wollte irgendwelche Auskunft, ein dritter erwartete eine Postsendung. Hivert, der Postkutscher, wußte gar nicht, wem er zuerst Bescheid geben sollte. Er pflegte nämlich allerlei Aufträge für die Landleute in der Stadt zu übernehmen.
Hivert hielt seine Pferde an, und das Mädchen, das sich bis zum Fenster hinaufreckte, flüsterte ihr geheimnisvoll zu: »Gnädige Frau sollen gleich mal zu Herrn Apotheker kommen! Es handelt sich um etwas sehr Dringliches!« Das Dorf war still wie immer. Vor den Häusern lagen kleine dampfende, rosafarbige Haufen.
»Hier hast du einen Fünfer, gib mir einen Dreier wieder raus und vergiß nicht, was ich dir verordnet habe! Es wird dir gut bekommen!« Hivert erlaubte sich, ganz laut die Wirksamkeit seines Rezepts zu bezweifeln. Da versicherte Homais dem Manne, lediglich eine »antiphlogistische Salbe eignen Fabrikats« könne ihn heilen. Er gab ihm seine Adresse: »Apotheker Homais, am Markt, allgemein bekannt!«
Inzwischen hatte Hivert bemerkt, daß eine fremde Last seinen Wagen beschwerte. Er schlug mit seiner Peitsche mehrere Male auf den Blinden ein. Die Schnur traf seine Wunden; er fiel in den Straßenkot und stieß ein Schmerzensgeheul aus. Die Insassen des Wagens waren nach und nach eingenickt.
Hivert lief sogar ein paar Kilometer zurück; aller Augenblicke glaubte er, den Hund von weitem zu sehen. Schließlich aber mußte weitergefahren werden. Emma weinte und war ganz außer sich. Karl sei an diesem Unglück schuld.
Nee, nee ... Wo bleibt nur eigentlich der langweilige Kerl, der Hivert!« »Sollen denn Ihre Tischgäste mit dem Essen warten, bis die Post gekommen ist?« fragte Homais ungeduldig. »Warten? Herr Binet ist ja noch nicht da! Der kommt Schlag sechs, einen wie alle Tage! So ein Muster von Pünktlichkeit gibts auf der ganzen Welt nicht wieder.
»So, nun zeig mal zum Dank den Herrschaften, was du Schönes kannst!« rief ihm Hivert zu. Der Blinde ließ sich in die Knie nieder, warf den Kopf zurück, rollte mit seinen grünlichen Augen und streckte die Zunge heraus. Dazu rieb er sich die Magengegend mit den Händen und stieß ein dumpfes Geheul aus wie ein halbverhungerter Hund. Emma ward übel.
Wort des Tages
Andere suchen