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Der Lebensatem dieser Dichtung ist die Polemik nicht so sehr die politische der Partei, wie Lucilius und Catullus sie uebten, sondern die allgemeine sittliche des strengen Alten gegen die zuegellose und verkehrte Jugend, des in seinen Klassikern lebenden Gelehrten gegen die lockere und schofle oder doch ihrer Tendenz nach verwerfliche moderne Poesie ^13, des guten Buergers von altem Schlag gegen das neue Rom, in dem der Markt, mit Varro zu reden, ein Schweinestall ist und Numa, wenn er auf seine Stadt den Blick wendet, keine Spur seiner weisen Satzungen mehr gewahrt.

So gehen denn die sprachlichen Meinungen und Richtungen dieser Epoche ueberall hin auseinander: neben der altfraenkischen Poesie des Lucretius erscheint die durchaus moderne des Catullus, neben Ciceros kadenzierter Periode Varros absichtlich jede Gliederung verschmaehender Satz.

In der rezitativen Poesie scheint es an metrischen Chroniken nach dem Muster der Ennianischen nicht gefehlt zu haben; aber sie duerften ausreichend kritisiert sein durch jenes artige Maedchengeluebde, von dem Catullus singt: der heiligen Venus, wenn sie den geliebten Mann von seiner boesen politischen Poesie ihr wieder zurueck in die Arme fuehre, das schlechteste der schlechten Heldengedichte zum Brandopfer darzubringen.

Catullus, obwohl abhaengig von den alexandrinischen Meistern und mitten in der Mode- und Cliquendichtung jener Zeit stehend, war doch nicht bloss ein guter Schueler unter vielen maessigen und schlechten, sondern seinen Meistern selbst um so viel ueberlegen, als der Buerger einer freien italischen Gemeinde mehr war als der kosmopolitische hellenische Literat.

Auch hier verdraengte die hoehere Umgangssprache die bisher auf diesem Gebiet noch vielfach waltenden archaistischen Reminiszenzen und fuegte wie die lateinische Prosa sich dem attischen Numerus, so die lateinische Poesie sich allmaehlich den strengen oder vielmehr peinlichen metrischen Gesetzen der Alexandriner; so zum Beispiel wird von Catullus an es nicht mehr verstattet, mit einem einsilbigen oder einem nicht besonders schwerwichtigen zweisilbigen Wort zugleich einen Vers zu beginnen und einen im vorigen begonnenen Satz zu schliessen.

Der Dichter, gleichsam auch von einem der Machthaber einen der vakanten Posten erhoffend, gibt zweien seiner Klienten die letzten Auftraege vor der Abreise: Furius und Aurelius, Adjutanten Ihr Catulls, mag ziehn er an Indiens Ende, Wo des Ostmeers brandende Welle weithin Hallend den Strand schlaegt, Oder nach Hyrkanien und Arabien, In der pfeilfroh'n Parther Gebiet und Saker Oder wo den Spiegel des Meers der siebenfaeltige Nil faerbt; Oder fuehrt sein Weg ihn die Alpen ueber, Wo den Malstein setzte der grosse Caesar, Wo der Rhein fliesst und an dem Erdrand hausen Wilde Britanner Ihr, bereit, all das mit Catullus, was ihm Goetterratsschluss davon bestimmt, zu teilen, Meinem Schatz noch bringet zuvor die kurze Leidige Botschaft!

Die lateinische Nation hat keinen zweiten Dichter hervorgebracht, in dem der kuenstlerische Gehalt und die kuenstlerische Form in so gleichmaessiger Vollendung wiedererscheinen wie bei Catullus; und in diesem Sinne ist Catullus' Gedichtsammlung allerdings das Vollkommenste, was die lateinische Poesie ueberhaupt aufzuweisen vermag.

Juvenal rühmt nämlich den Catullus, daß er es bei einem gefährlichen Sturme zur See wie der Biber gemacht, welcher sich die Geilen abbeißt, um das Leben davon zu bringen; daß er seine kostbarsten Sachen ins Meer werfen lassen, um nicht mitsamt dem Schiffe unterzugehen. Ille nec argentum dubitabat mittere, lances Parthenio factas, urnae cratera capacem Et dignum sitiente Pholo, vel conjuge Fusci.

Von den beiden ersten, deren Schriften untergegangen sind, koennen wir dies freilich nur mutmassen; ueber die Gedichte des Catullus steht auch uns noch ein Urteil zu. Auch er haengt in Stoff und Form ab von den Alexandrinern. Wir finden in seiner Sammlung Uebersetzungen von Stuecken des Kallimachos und nicht gerade von den recht guten, sondern von den recht schwierigen.

Seinem scharfen Blick, seiner anmutigen Gewandtheit gelingen vortrefflich die Ironie und der Novellenton, wie wir sie bei Horaz und bei Boccaccio finden, der launige Liebes- und Liederscherz, wie Catullus und die guten neapolitanischen Volkslieder ihn zeigen, vor allem die niedere Komoedie und die Posse.