United States or Qatar ? Vote for the TOP Country of the Week !


Sie dachte eine Weile nach, und fuhr dann fort: »Wenn du nun, was ja bald geschehen muß, von mir fort bist, so schreibe mir nicht. Ich will es nicht. Du sollst nicht meinen, du müßtest verpflichtet sein, mir von deinem ferneren Treiben eine Nachricht zukommen zu lassen. Vernachlässige mich, wie du es früher auch getan hast. Was sollte uns beiden das Schreiben nützen? Ich werde hier weiter leben und es als einen Genuß empfinden, öfters daran zu denken, daß du drei Monate lang da warst. Die Gegend wird mich emportragen und mir dein Bild zeigen. Ich werde alle die Orte aufsuchen, die wir zusammen schön gefunden haben, und ich werde sie noch schöner finden; denn ein Fehler, ein Verlust macht die Dinge noch schöner. Mir und der ganzen Gegend wird etwas fehlen, aber diese Lücke und selbst dieser Fehler werden meinem Leben noch innigere Empfindungen aufdrücken. Ich bin nicht aufgelegt, einen Mangel als einen Druck zu empfinden. Wie käme ich dazu! Im Gegenteil: etwas Befreiendes, Erleichterndes liegt darin. Und dann: Lücken sind dazu da, um mit etwas Neuem gefüllt zu werden. Am Morgen werde ich, wenn ich im Begriffe bin aufzustehen, glauben, deinen Schritt und deinen Kopf und deine Stimme zu vernehmen, und lächeln über die Täuschung. Weißt du was: ich habe die Täuschungen lieb, und du mußt sie ebenfalls lieb haben, ich weiß es. Merkwürdig, wie viel ich zusammenrede in diesen Tagen. Diese Tage! Ich meine, die Tage müßten jetzt selber fühlen, wie kostbar sie mir sind und müssen, aus Rücksicht auf mich, langsamer, gedehnter, träger und verweilerischer auftreten, auch leiser! Sie tun es auch. Ich spüre ihr Nahen wie einen Kuß und ihr dunkles sich Entfernen wie einen Händedruck, wie ein Winken mit einer lieben, bekannten Hand. Die Nächte! Wie viele Nächte hast du bei mir geschlafen, schön geschlafen; denn du verstehst zu schlafen, da drüben in der Kammer, im Strohbett, das bald nun herrenlos und schlaflos sein wird. Die Nächte, die jetzt noch kommen, werden nur schüchtern herankommen zu mir, wie kleine, schuldbewußte Kinder mit gesenkten Augen zum Vater oder zur Mutter kommen. Die Nächte werden weniger still sein, Simon, wenn du fort bist und ich will dir sagen warum: du warst so still in der Nacht, du vermehrtest mit deinem Schlaf die Stille. Wir waren zwei stille, ruhige Menschen während allen diesen Nächten; nun werde ich allein still sein müssen, etwas gezwungen, und es wird weniger still sein; denn ich werde mich öfters im Dunkel im Bett aufrichten und auf irgend etwas aufhorchen. Dann werde ich fühlen, daß es viel weniger still mehr ist. Vielleicht werde ich dann weinen, gar nicht etwa wegen dir, und ich bitte dich, dir nichts darauf einzubilden. Seh einer doch, da will er sich gleich etwas vormachen. Nein, nein, Simon, wegen dir wird niemand weinen. Wenn du fort bist, bist du fort. Das ist alles. Glaubst du, um dich könnte man weinen? Keine Rede. Das darf dir nie in den Sinn kommen. Man spürt, daß du fort bist, man merkt es sich, aber weiter? Etwa Sehnsucht, oder dergleichen? Nach einem Menschen von deinem Schlag empfindet niemand Sehnsucht. Du weckst keine. Kein Herz wird dir je nachzittern! Dir einen Gedanken weihen? I, was! Ja, nachlässig, so wie man eine Nadel aus der Hand fallen läßt, wird man gelegentlich deiner gedenken. Mehr verdienst du auch nicht, und wenn du hundert Jahre alt würdest. Du hast nicht das mindeste Talent, Andenken zu hinterlassen. Du hinterlässest auch gar nichts. Ich wüßte nicht, was du hinterlassen könntest; denn du besitzest ja gar nichts. Du hast keine Ursache, so frech zu lachen, ich spreche im Ernst. Geh mir aus den Augen! Marsch