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Aktualisiert: 11. Oktober 2025
Sie standen da, die Herren von Verdienst und Vermögen, mit gesenkten oder wehmütig zur Seite geneigten Köpfen, und unter ihnen waren die Ratsherren an ihren weißen Handschuhen und Krawatten erkenntlich. Weithin aber drängten sich die Beamten, die Kornträger, die Kontoristen, die Speicherarbeiter. Die Musik verstummte, Pastor Pringsheim sprach.
Und Pastor Pringsheim bohrte mit seiner Trauerrede in der Wunde herum, die der Tod geschlagen hatte, er führte mit Berechnung einem jeden vor Augen, was er verloren, er verstand es, Tränen auch dort hervorzupressen, wo von selbst keine geflossen wären, und dafür waren die Gerührten ihm dankbar.
Wie bleich sie noch ist! Und wie fremdartig schön in ihrer Blässe, mit ihrem schweren, dunkelroten Haar und ihren rätselhaften Augen, die mit einer gewissen verschleierten Moquerie auf dem Prediger ruhen. Es ist Herr Andreas Pringsheim, pastor marianus, der nach des alten Kölling plötzlichem Tode in jungen Jahren schon zum Hauptpastor aufgerückt ist. Er hält die Hände inbrünstig, dicht unter dem erhobenen Kinn gefaltet. Er hat blondes, kurzgelocktes Haar und ein knochiges, glattrasiertes Gesicht, dessen Mimik zwischen fanatischem Ernst und heller Verklärung wechselt und ein wenig theatralisch erscheint. Er stammt aus Franken, woselbst er während einiger Jahre inmitten von lauter Katholiken eine kleine lutherische Gemeinde gehütet hat, und sein Dialekt ist unter dem Streben nach reiner und pathetischer Aussprache zu einer völlig eigenartigen Redeweise, mit langen und dunklen oder jäh akzentuierten Vokalen und einem an den Zähnen rollenden r geworden
Ja, das geringe Verständnis, das er unten im Schiff, unter diesen Senatoren, Konsuln und Bürgern und ihren Familien, für seine Leistungen vorhanden wußte, war Herrn Pfühls beständige Kümmernis, und eben darum hatte er gern seinen kleinen Schüler bei sich, den er wenigstens leise darauf aufmerksam machen konnte, daß das, was er soeben gespielt, etwas außerordentlich Schwieriges gewesen sei. Er erging sich in den sonderbarsten technischen Unternehmungen. Er hatte eine »rückgängige Imitation« angefertigt, eine Melodie komponiert, welche vorwärts und rückwärts gelesen gleich war, und hierauf eine ganze »krebsgängig« zu spielende Fuge gegründet. Als er fertig war, legte er mit trübem Gesichtsausdruck die Hände in den Schoß. »Es merkt es niemand«, sagte er mit hoffnungslosem Kopfschütteln. Und dann flüsterte er, während Pastor Pringsheim predigte: »Das war eine krebsgängige Imitation, Johann. Du weißt noch nicht, was das ist ... es ist die Nachahmung eines Themas von hinten nach vorn, von der letzten Note zur ersten ... etwas ziemlich Schwieriges. Später wirst du erfahren, was die Nachahmung im strengen Satze bedeutet ... Mit dem Krebsgang werde ich dich niemals quälen, dich nicht dazu zwingen ... Man braucht ihn nicht zu können. Aber glaube nie denen, die dergleichen als Spielerei ohne musikalischen Wert bezeichnen. Du findest den Krebsgang bei den großen Komponisten aller Zeiten. Nur die Lauen und Mittelmäßigen verwerfen solche Übungen aus Hochmut. =Demut= ziemt sich; das merke dir, Johann.«
»Was ist mit meiner Musik, Kai? Es ist nichts damit. Soll ich umherreisen und spielen? Erstens würden sie es mir nicht erlauben, und zweitens werde ich nie genug dazu können. Ich kann beinahe nichts, ich kann nur ein bißchen phantasieren, wenn ich allein bin. Und dann stelle ich mir das Umherreisen auch schrecklich vor ... Mit dir ist es so anders. Du hast mehr Mut. Du gehst hier herum und lachst über das Ganze und hast ihnen etwas entgegenzuhalten. Du willst schreiben, willst den Leuten Schönes und Merkwürdiges erzählen, gut: das ist etwas. Und du wirst sicher berühmt werden, du bist so geschickt. Woran liegt es? Du bist lustiger. Manchmal in der Stunde sehen wir uns an, wie vorhin einen Augenblick, bei Herrn Mantelsack, als Petersen unter allen, die abgelesen hatten, einen Tadel bekam. Wir denken dasselbe, aber du schneidest eine Fratze und bist stolz ... Ich kann das nicht. Ich werde so müde davon. Ich möchte schlafen und nichts mehr wissen. Ich möchte sterben, Kai!... Nein, es ist nichts mit mir. Ich kann nichts wollen. Ich will nicht einmal berühmt werden. Ich habe Angst davor, genau als wäre ein Unrecht dabei! Es kann nichts aus mir werden, sei sicher. Neulich nach der Konfirmationsstunde hat Pastor Pringsheim zu jemandem gesagt, man müsse mich aufgeben, ich stammte aus einer verrotteten Familie
»Ja, und was dann? Nein, laß nur, Kai, dann wäre es auch noch so: Was soll man anfangen? Hier ist man wenigstens aufgehoben. Seit mein Vater tot ist, haben Herr Stephan Kistenmaker und Pastor Pringsheim es übernommen, mich tagtäglich zu fragen, was ich werden will. Ich weiß es nicht. Ich kann nichts antworten. Ich kann nichts werden. Ich fürchte mich vor dem Ganzen
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