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Wie hatten diese beiden sich gefunden, und wie standen sie zueinander? Man erinnerte sich der jähen Entschlossenheit, mit der vor achtzehn Jahren der damals dreißigjährige Thomas Buddenbrook zu Werke gegangen war. »Diese oder keine«, das war sein Wort gewesen, und es mußte sich mit Gerda wohl ähnlich verhalten haben, denn sie hatte in Amsterdam bis zu ihrem siebenundzwanzigsten Jahre Körbe ausgeteilt und diesen Bewerber alsbald erhört. Eine Liebesheirat also, dachten die Leute in ihrem Sinne; denn so schwer es ihnen wurde, mußten sie einräumen, daß Gerdas Dreihunderttausend doch wohl nur eine Rolle zweiten Ranges bei der Sache gespielt hatten. Allein von Liebe wiederum, von dem, was man unter Liebe verstand, war zwischen den beiden von Anbeginn höchst wenig zu spüren gewesen. Von Anbeginn vielmehr hatte man nichts als Höflichkeit in ihrem Umgang konstatiert, eine zwischen Gatten ganz außerordentliche, korrekte und respektvolle Höflichkeit, die aber unverständlicherweise nicht aus innerer Fernheit und Fremdheit, sondern aus einer sehr eigenartigen, stummen und tiefen gegenseitigen Vertrautheit und Kenntnis, einer beständigen gegenseitigen Rücksicht und Nachsicht hervorzugehen schien. Daran hatten die Jahre nicht das geringste geändert. Die

Das Renntier erzählte ihr Gerdas ganze Geschichte, zuerst jedoch seine eigene, welche ihm ungleich wichtiger erschien, und Gerda war vor Kälte so erstarrt, daß sie nicht zu reden vermochte. „Ach, ihr Armen!“ sagte die Lappin, „da habt ihr noch weit zu laufen!

Die Herren waren verblüfft und hatten vorderhand noch kein Urteil; die Damen aber waren geradeheraus nicht einverstanden mit dem Sein und Wesen Gerdas von Rinnlingen.

Er war der erste gewesen, der das beständig hervortretende Mißverhältnis zwischen seiner eigenen Erscheinung und Gerdas sonderbarer Unberührtheit, der die Jahre nichts anhatten, mit Argwohn ins Auge gefaßt hatte, und jetzt, seit Herr von Throta in sein Haus gekommen war, mußte er seine Besorgnis mit dem Rest seiner Kräfte bekämpfen und verstecken, mußte es, um nicht durch das Kundwerden dieser Besorgnis schon seinen Namen dem allgemeinen Lächeln preiszugeben.

Der mitleidige Raimund lud sie ein, mitzukommen, und sie besann sich nicht lang. Sie wanderten in den Vestnerwald, Gerdas blasses Gesicht färbte sich in der belebenden Luft, und ihre Augen, deren Ausdruck stets zwischen Pfiffigkeit und Träumerei wechselte, blickten freier.

Gerdas Geigenspiel hatte für Thomas bislang, übereinstimmend mit ihren seltsamen Augen, die er liebte, zu ihrem schweren dunkelroten Haar und ihrer ganzen außerordentlichen Erscheinung, eine reizvolle Beigabe mehr zu ihrem eigenartigen Wesen bedeutet; jetzt aber, da er sehen mußte, wie die Leidenschaft der Musik, die ihm fremd war, so früh schon, so von Anbeginn und von Grund aus sich auch seines Sohnes bemächtigte, wurde sie ihm zu einer feindlichen Macht, die sich zwischen ihn und das Kind stellte, aus dem seine Hoffnungen doch einen echten Buddenbrook, einen starken und praktisch gesinnten Mann mit kräftigen Trieben nach außen, nach Macht und Eroberung machen wollten.

Es war eine Erlösung, als das Folgmädchen meldete, nebenan sei etwas Essen aufgetragen. Als man aber in Gerdas Schlafzimmer anfing, ein wenig Suppe zu genießen, erschien Schwester Leandra in der Tür und winkte freundlich. Der Senator starb. Er schluchzte zwei- oder dreimal leise, verstummte und hörte auf, die Lippen zu bewegen.

Die Konsulin, Frau Permaneder, Christian, Klothilde, Herr und Frau Konsul Kröger, Herr und Frau Direktor Weinschenk, sowie die Damen Buddenbrook aus der Breiten Straße und Fräulein Weichbrodt hatten zur Feier von Hannos Geburtstag um vier Uhr beim Senator und seiner Frau zu Mittag gegessen; nun saßen sie im Salon und blickten lauschend auf das Kind, das in seinem Matrosenanzug am Flügel saß, und auf die fremdartige und elegante Erscheinung Gerdas, die zuerst auf der g-Saite eine prachtvolle Kantilene entwickelte und dann, mit unfehlbarer Virtuosität, eine Flut von perlenden und schäumenden Kadenzen entfesselte.

Der Tee stand dampfend in Meißener Tassen bereit, als Thomas herüberkam. »Da bin ich«, sagte er, »Gerda möchte noch eine halbe Stunde ruhen. Sie hat Kopfschmerzen. Wir wollen nachher in die Mengstraße ... Alles wohlauf, meine liebe Tony? Mutter, Erika, Christian?... Aber nun«, fuhr er mit seiner liebenswürdigsten Bewegung fort, »unseren herzlichsten Dank, auch Gerdas, für all deine Mühen, du Gute! Wie hübsch du das alles gemacht hast! Es fehlt nichts, als daß meine Frau ein paar Palmen für ihren Erker bekommt, und daß ich mich nach einigen brauchbaren

Sie war schön zu nennen, zart von Gestalt, blaß von Gesicht; ihr schüchternes Auge, ihr sanftes Hinträumen machten einen innigen Reiz aus. Engelhart brachte ihr Blumen; sie lachte; vom Bruder beschenkt zu werden, erschien ihr komisch. Es war Nacht, und ein heftiges Gewitter tobte. Engelhart stand auf, klopfte an Gerdas Schlafzimmertüre und fragte, ob sie sich fürchte. Sie schlief und hörte nichts.