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Aktualisiert: 24. Juni 2025
Ilse, die sich wenig verstellen konnte, war während des Abendessens ganz besonders lustig und aufgeregt. »Du siehst so unternehmend und fröhlich aus,« bemerkte Fräulein Güssow, »hast du eine gute Nachricht aus der Heimat erhalten?« Ilse wurde rot und fühlte sich wie ertappt.
Sie lief die Treppe hinauf und trat atemlos zu Nellie in das Zimmer. Die Thüre warf sie heftig in das Schloß und schob auch noch den Riegel vor, was in der Pension streng untersagt war. »Mach nicht der Riegel zu,« sagte Nellie, »wir dürfen das nicht thun. Wenn wir in die Bett liegen, kommt Fräulein Güssow bei uns nachsehen.« Ilse rührte sich natürlich nicht, und Nellie mußte das selbst besorgen.
»Wollen wir nicht anfangen?« trieb Miß Lead, die sich mit ihren Künstlerinnen ebenfalls zur Hauptprobe eingestellt hatte. Sie war schon etwas ungeduldig bei der genauen Musterung der Kostüme geworden und fand es höchst überflüssig, daß Fräulein Güssow überhaupt Wert darauf legte.
»O, wie hart ist sie!« warf Nellie ein, als Fräulein Güssow wie erschöpft einen Augenblick innehielt. »Sie war nicht hart, nur verblendet,« fuhr diese fort. »Niemals hatte sie gelernt, sich einem andern Willen zu beugen, niemals war sie im stande gewesen nachzugeben.
Als die Damen am Bahnhofgebäude anlangten, war der Zug soeben eingefahren. Er hatte fünfzehn Minuten Aufenthalt und Fräulein Güssow hatte Zeit, ein passendes Koupee für Ilse auszusuchen. »Wo ist ein Damenkoupee? fragte sie den Schaffner, »diese junge Dame fährt nach W.« »Hier! hier!« rief es aus dem Fenster eines Koupees hinter ihr, »hier können junge, hübsche Damen Platz nehmen!«
»Wo wohnen die Eltern der Kleinen?« wandte der Arzt sich an Fräulein Güssow. »Ich rate, dieselben unverzüglich von der Krankheit zu benachrichtigen. Ich kann für den Ausgang nicht stehen. – Wir haben es mit einer bösartigen Gehirnentzündung zu thun.« »Nur die Mutter lebt,« nahm Doktor Althoff das Wort und erbot sich, sofort ein Telegramm an dieselbe abgehen zu lassen.
Gerade als sie sich dem Saale näherte, traten Ilse und Nellie lachend und plaudernd, mit ganz erhitzten Wangen, Arm in Arm, aus der Thür desselben. Geheimnisvoll winkte ihnen die Köchin zu. »Fräulein Ilschen,« sagte sie, »Sie möchten gleich zu Fräulein Güssow kommen!« »Es ist doch nichts passiert, Bärbchen?« fragten beide Mädchen fast zugleich.
Das Fieber hatte etwas nachgelassen und Fräulein Güssow atmete erleichtert auf. Als Ilse kam und teilnehmend mit trauriger Miene nach Lillis Befinden fragte, winkte sie derselben freudig zu und flüsterte: »Sie schläft, – es scheint eine Besserung eingetreten zu sein.«
»Wir werden dir helfen und dir alles gern zeigen,« versprach Rosi. Und Fräulein Güssow, die grade hinzutrat, benahm Ilse den letzten Zweifel. »Du kannst ein gleiches Nähkörbchen, wie Annemie anfertigt, arbeiten, ich weiß bestimmt, es wird dir gelingen.« Und es gelang wirklich, ja weit besser, als Ilse sich selbst zugetraut.
»Ball!« wiederholte Lilli, die erwacht war und das Wort gehört hatte; »ich will tanzen! Zieh mich an, Fräulein! Bitt schön, laß mich tanzen!« Fräulein Güssow warf der Vorsteherin einen verständnisvollen Blick zu, jetzt mußte dieselbe sich doch überzeugen, wie krank die Kleine war, – sie phantasierte. Aber Fräulein Raimar war nicht überzeugt und auch nicht erschrocken.
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