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Aktualisiert: 9. Juni 2025


Am Bett ihres Sohnes saß Frau Dr. Stegemann; die andern Betten standen leer, die Verwundeten waren an dem schönen Nachmittag ins Freie gebracht worden. So waren die Beiden allein in dieser ersten Stunde des Wiedersehens und ungestört hatte der Sohn seiner tapfern Mutter seine Erlebnisse erzählen können.

Der letzte Sonnenstrahl fand noch seinen Weg in die hochgelegene Wohnung. Außer einem Dienstmädchen hatte Frau Dr. Stegemann noch zwei junge Hausgenossinnen, zwei Enkeltöchter, die hier in der größeren Stadt eine Töchterschule besuchten.

Stegemann, die sich bei dem Kommandanten den Zutritt erbeten hatte, um ihren allein reisenden Enkelsohn abzuholen. Gebhard erkannte die Großmutter sofort und eilte auf sie zu. "Mein lieber, großer Bub!" rief sie, "ich bin froh, daß du zu mir gekommen bist. Und dein schöner Leo ist auch da! Nun komm nur gleich, wir müssen möglichst schnell den Bahnsteig verlassen."

Herr Stegemann zog sein Kind leidenschaftlich an sich: "Sie wollen vielleicht wissen, wohin unsere Soldaten heute nacht gegangen sind." "Aber das darfst du ihnen doch nicht sagen?" "Nein." "Was wird dann, Vater?" "Was Gott will."

Sie führte die Schwiegertochter über den langen, dunkeln Gang. Helene dachte unwillkürlich an die hell erleuchteten Räume in ihres Bruders Haus. "Überall merkt man den Krieg," sagte Frau Stegemann. "Das Petroleum wird bei euch auch knapp sein." "Ich weiß nicht, es war nicht die Rede davon." "Nicht? Es ist eine große Entbehrung für viele Leute.

Wer konnte wissen, wie es sie im Antlitz des eigenen geliebten Mannes erschüttern würde? Unten im Garten wurde Frau Stegemann von Helene sehnlich erwartet. "Mutter, wie geht es ihm? Sage mir, warum wollte er dich allein sprechen?" "Er hat Mitleid mit dir, daß du ihn so wiedersehen mußt, hat Angst, es möchte dir zu schrecklich sein.

Als Stegemann so weit erzählt hatte, spürte er an der zitternden Hand der Mutter, daß sie überwältigt war, und er hielt inne. "Ist dir's so schwer, Mutter? Es ist ja überstanden, auch die schrecklichen Qualen, die folgten. Aber ich will dir jetzt nicht weiter davon erzählen; ich danke dir, daß du mich so tapfer angehört hast. Dir habe ich es zugetraut, darum wollte ich dich zuerst allein sprechen.

"O, ich habe es gar nicht mehr erwarten können, bis du kommst; das wissen wir ja schon lang, daß du blind bist, das macht gar nichts, Vater!" "So, das macht gar nichts?" wiederholte Stegemann und lachte von Herzen. Der Sanitäter kam nun zurück, um seinen zweiten Pflegbefohlenen zu holen. "Kannst du denn nicht gleich zu uns, Vater? Ich kann dich so gut führen!"

So kam es dem Fabrikherrn und seiner Frau ganz erwünscht, daß die Vertriebenen bei ihnen Zuflucht suchten. Jedermann konnte nun sehen, daß von diesem Reichtum guter Gebrauch gemacht wurde. Aber unbequem waren die Fragen der Bekannten nach den Schicksalen der jungen Familie, nach dem Verbleib des Försters Stegemann. Was sollte man antworten, wenn man selbst nichts wußte?

An dem ersten, trauten Ruf hatte Stegemann sein Kind erkannt und nun griff er nach ihm mit beiden Händen und zog ihn in warmer Liebe an sein Herz. "Grüß dich Gott, mein Männlein, mein guter Bub! Ich hätte nicht gedacht, daß du mich gleich erkennst und dich so freust an deinem blinden Vater!"

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liebesbund

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