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Hannos Gesundheit war immer zart gewesen. Besonders seine Zähne hatten von jeher die Ursache von mancherlei schmerzhaften Störungen und Beschwerden ausgemacht. Das Hervorbrechen der Milchzähne mit seiner Gefolgschaft von Fieber und Krämpfen hatte ihm beinah das Leben gekostet, und dann hatte sein Zahnfleisch stets zur Entzündung und zur Bildung von Geschwüren geneigt, die Mamsell Jungmann, wenn sie reif waren, mit einer Stecknadel zu öffnen pflegte. Jetzt, zur Zeit des Zahnwechsels, waren die Leiden noch größer. Schmerzen kamen, die fast über Hannos Kräfte gingen, und schlaflos, unter leisem Stöhnen und Weinen in einem matten Fieber, das keine andere Ursache als eben den Schmerz hatte, verbrachte er ganze Nächte. Die Zähne, die äußerlich so schön und weiß wie die seiner Mutter, dabei aber außerordentlich weich und verletzlich waren, wuchsen falsch, sie bedrängten einander, und damit allen diesen Übelständen gesteuert würde, mußte der kleine Johann einen furchtbaren Menschen in sein junges Leben eintreten sehen: Herrn Brecht, den Zahnarzt Brecht in der Mühlenstraße

»Was nun, Buddenbrook, du schwänzst die Sitzung? Das ist mal was Neuessagte am Anfang der Mühlenstraße jemand zu ihm, den er nicht hatte kommen sehen. Es war Stephan Kistenmaker, der plötzlich vor ihm stand, sein Freund und Bewunderer, der sich in öffentlichen Fragen jede seiner Meinungen zu eigen machte. Er besaß einen rundgeschnittenen, ergrauenden Vollbart, furchtbar dicke Augenbrauen und eine lange, poröse Nase. Vor ein paar Jahren hatte er sich, nachdem er ein gutes Stück Geld verdient, von dem Weingeschäft zurückgezogen, das nun sein Bruder Eduard auf eigene Hand weiterführte. Seitdem lebte er als Privatier; da er sich dieses Standes im Grunde aber ein wenig schämte, so tat er beständig, als habe er unüberwindlich viel zu tun. »Ich reibe mich aufsagte er und strich mit der Hand über seinen grauen, mit der Brennschere gewellten Scheitel. »Aber wozu ist der Mensch auf der Welt, als um sich aufzureibenStundenlang stand er mit wichtigen Gebärden an der Börse, ohne dort das geringste zu suchen zu haben. Er bekleidete eine Menge von gleichgültigen

Sie gingen und aßen gemeinsam aus einer Tüte Fruchtbonbons, die sie beim Krämer Iwersen in der Mühlenstraße für zehn Pfennige erstanden hatten. »Du mußt es lesen, Hans, es ist nämlich >Don Carlos< von Schiller... Ich leihe es dir, wenn du willst...« »Ach nein«, sagte Hans Hansen, »das laß nur, Tonio, das paßt nicht für mich. Ich bleibe bei meinen Pferdebüchern, weißt du.

Um die Zähne zu behandeln, zu füllen und gegebenen Falles zu extrahieren, dazu wohnte Herr Brecht mit seinem Josephus in der Mühlenstraße; und um die Verdauung zu regulieren, gab es Rizinusöl auf der Welt, gutes, dickes, silberblankes Rizinusöl, welches, aus einem Eßlöffel genommen, wie ein schlüpfriger Molch durch die Kehle glitschte und das man drei Tage lang roch, schmeckte, im Schlunde spürte, wo man ging und stand ... Ach, warum war das alles doch so unüberwindlich widerlich?

Man versicherte den kleinen Johann, daß dieser Mann ihm viel Gutes tue und ihn vor vielen noch größeren Schmerzen bewahre; aber wenn Hanno die Pein, die Herr Brecht ihm zugefügt, mit dem positiven und fühlbaren Vorteil verglich, den er ihm verdankte, so überwog die erstere zu sehr, als daß er nicht alle diese Besuche in der Mühlenstraße zu den schlimmsten aller unnützen Qualen hätte rechnen müssen.

In der Mühlenstraße betrat er ein mit gelbbrauner