Vietnam or Thailand ? Vote for the TOP Country of the Week !
Aktualisiert: 22. Mai 2025
Hoffnungsvoll gestimmt, voll Lust und Ernst zur Arbeit, trat Engelhart vor Herrn Lutterott und war nicht unzufrieden, als er erfuhr, daß er der einzige Beamte des Bureaus sein würde. Herr Lutterott war ein Vierziger, klein, feist, geschniegelt und gebügelt, mit einem Leutnantsschnurrbart und leutnantsmäßig schnarrender Stimme.
Daß nach einem solchen Vergehen von einem weiteren Verbleiben im Dienste der »Minerva« keine Rede sein könne, verstehe sich von selbst. »Sie haben zwanzig Mark Vorschuß, hier haben Sie noch zehn Mark, mehr war Ihre Arbeit ohnehin nicht wert,« schloß Herr Lutterott seine Rede, »und somit sind Sie ein freier Mann.« Engelhart nahm seinen Hut, starrte noch eine halbe Minute die Türklinke an und ging.
Nach einer Weile kam Herr Lutterott zurück. Er wischte sich mit dem blendend weißen Taschentuch die Stirn, pflanzte sich neben Engelhart auf und ließ folgende kleine Rede vom Stapel: »Ich habe selbstverständlich nicht das geringste dagegen einzuwenden, daß Sie Jude sind.
Engelhart erkannte wohl, daß dies Ranküne war, aber er trug es, weil er es tragen wollte. Er biß die Zähne zusammen und dachte, stärker zu sein als der Schmerz, den er über die unendlichen Beleidigungen empfand. Einst saß er während der Mittagstunde drunten in der Weinwirtschaft, als Herr Lutterott eintrat und am Honoratiorentischchen bei einigen älteren Herren Platz nahm.
In einem Ton, dessen Ruhe ihm selbst auffiel, sagte er, daß er zwei Mark aus der Kasse genommen. Herr Lutterott lächelte unendlich vornehm und runzelte die Stirn. Er entgegnete, er wundere sich, daß ein so aufgeweckter Kopf sich nicht klar gewesen sei über die Folgen einer Handlung, die mit dem juridischen Begriff zu bezeichnen ihm Engelhart wohl erlasse.
Kamen Unteragenten oder jemand aus der reichen Klientel oder sonstige Leute, so beliebte es Herrn Lutterott, Engelhart mit einer niederträchtigen Zumutung zu demütigen, etwa, er solle dem Herrn den Rockärmel abbürsten oder er solle die Tür vor ihm öffnen, oder er schrie ihn an, wenn seine Feder kratzte, und dergleichen mehr.
Herr Lutterott zeigte zwar stets das Benehmen eines regierenden Fürsten, und manchmal kribbelte es Engelhart in den Fingern, wenn der Mann mit müd-verachtungsvollen Blicken seine Befehle gab, aber vor dem Fenster, an dem er arbeitete, war ein Garten, und weiter draußen sah er Wiesen und darüber den hochwipfligen Wald.
Leider mußte er Herrn Lutterott gleich um Vorschuß bitten, da alles Geld für die Reise aufgegangen war, und dies machte die übelste Wirkung; Herr Lutterott fuhr mit dem Zeigefinger zwischen Kragen und Hals umher und sagte mit leise wimmernder Stimme: »Es ist nicht korrekt, es ist nicht korrekt.« Am Sonntagmorgen nun kam er aus Eifer ins Bureau, obwohl dies nicht zu den »Pflichten« gehörte; um zehn Uhr erschien Herr Lutterott, aufs feinste herausgeputzt, im Salonrock und mit gestreifter Hose, eine Diamantnadel in der Krawatte, das Haar pomadisiert und bis zum Nacken gescheitelt.
Er pflegte seine Befehle lispelnden Tons zu erteilen, und wenn ihn Engelhart nicht verstanden hatte und um Wiederholung eines Wortes bat, wurde Herr Lutterott scharlachfarben im Gesicht, sprang von seinem Stuhl auf und sagte alles, Silbe für Silbe, noch einmal mit scharfer, bissiger, feindseliger Stimme, wobei sein Blick grünlich funkelte.
Gleich in der Frühe erinnerte er Herrn Lutterott an den erbetenen Vorschuß, da er vor allem den entnommenen Betrag wieder zurücklegen wollte. Doch Herr Lutterott erwiderte, während seine Züge sich verkniffen wie bei jemand, der in die Sonne blickt: »Gern, aber vorher möchte ich Ihre Kasse revidieren.« Engelhart wurde es kalt und heiß, denn er durchschaute nun die Infamie völlig.
Wort des Tages
Andere suchen