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Auch unter den Radierungen des Jahres 1634 befinden sich mehrere ganz hervorragende Meisterwerke. Da ist zuerst das große Blatt »die Verkündigung bei den Hirten« zu nennen. In prachtvoller waldiger Berglandschaft haben die Hirten bei der Herde geruht. Da bricht aus einer dicht geballten Wolke, die sich herabsenkt, ein Himmelslicht in die dunkle Nacht hinein, daß das Vieh geängstigt aus dem Schlafe aufspringt und davonrennt. Auch die Hirten fliehen, werfen sich nieder, blicken starr empor, während die Stäbe ihren Händen entfallen. Auf den Rand der Wolke ist, von dem strahlenden Licht durchschienen, dessen Urquell Scharen kleiner Englein jubelnd umkreisen, ein Engel in weißen Gewändern getreten und spricht, die eine Hand zum Himmel erhebend, die andere beruhigend ausstreckend, zu den Erschreckten die Himmelsworte: »Fürchtet euch nicht, ich verkünde euch eine große Freude« (Abb. 45). Ein wirkungs- und ausdrucksvolles Blatt schildert die Begegnung des Heilandes mit der Samariterin am Jakobsbrunnen. Jesus sitzt im Lichte der Abendsonne auf dem Rande des Brunnens, der sich an die Trümmer eines ausgedehnten alten Bauwerks anlehnt; man glaubt zu hören, wie von den Lippen des ermüdeten Wanderers milde, ernste Worte fließen, und das Weib steht ihm gegenüber, äußerlich ruhig, aber innerlich bewegt, daß sie vergißt, den Krug, den sie schon an der Kette befestigt hat, hinabzulassen; in der Ferne erhebt sich die Stadt Sichar mit stolzen Gebäuden, und am Abhang des Hügels steigen die Jünger empor, die sich wundern, daß ihr Meister mit dem Weibe redet (Abb. 46). Ein kleines Blatt, wieder ein Meisterwerk des Ausdruckes, stellt die Begebenheit mit den beiden Jüngern zu Emmaus dar. »Der Tag hat sich geneigtund die Abendsonne scheint, kräftige Schatten werfend, in den auf einer Seite offen gedachten Raum, wo Christus mit den beiden Jüngern, die Stab und Wandertasche abgelegt haben, an einem kleinen Tische sitzt. Eben hat der Heiland das Brot mit beiden Händen gefaßt, um es zu brechen; »da wurden ihre Augen geöffnet«: starr blickend schlägt der eine, der ihm gegenübersitzt, ein bäuerlich aussehender Mann mit hoher Judenmütze, die Hände zusammen, und der andere, ein würdevoller Greis, hält im Zerlegen des Fleisches inne, mit einem Blick, der in das Innerste des Unbekannten dringen zu wollen scheint, fragend, ob er wirklich der Gekreuzigte sei; um dessen Haupt aber flammt ein mächtiger Strahlenkranz, der weit über die Bedeutung des sonst in der Kunst gebräuchlichen Heiligenscheins hinausgeht; wir würden, auch wenn uns der Vorgang ganz unbekannt wäre, doch nicht darüber im Zweifel sein können, daß hier zwischen Sterblichen ein Überirdischer sitzt, der gleich verschwinden wird (Abb. 48). Dies Verschwinden selbst hat Rembrandt einmal darzustellen versucht in einer geistreichen Handzeichnung, die im Dresdener Kupferstichkabinett aufbewahrt wird: in dem Augenblicke, wo die Jünger den Christus erkannt haben, ist dieser ihren Blicken entschwunden, und sie starren auf den leeren Stuhl, über dem noch ein geheimnisvoller Lichtglanz zu schweben scheint.

Einen willkommenen Gegenstand des Studiums gab dem Meister begreiflicherweise seine junge Frau. Eine reizende Silberstiftzeichnung, die im Berliner Kupferstichkabinett aufbewahrt wird, zeigt uns Saskia am dritten Tage nach ihrer Trauung, wie sie, den Kopf leicht in die Hand gestützt, in heiterer Zufriedenheit unter ihrem breitrandigen Strohhute hervorschaut, mit einem Blick, der nicht auf unbekannte Beschauer des Blattes berechnet ist, sondern nur dem Zeichner selbst gilt (Abb. 51). Merkwürdig ist bei diesem Blatte, daß in der Unterschrift zwar der Monat richtig, aber sowohl der Tag als das Jahr unrichtig angegeben sind. Sollte Rembrandt in der Freude seines Herzens ganz in der Zeitrechnung irre geworden sein? Daß das Umgehen mit Zahlen nicht seine starke Seite war, dafür bietet allerdings auch sein Briefwechsel mit dem Sekretär des Prinzen von Oranien Belege. Thatsächlich fand Rembrandts Trauung mit Saskia, nach dem Ausweis des Eheschließungsregisters des Amtes Bildt in Friesland, am 22. Juni 1634 statt.