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Aktualisiert: 7. Juni 2025
Ein Stückchen von der Grenze des Landes entfernt, in dem Herzog August Erasmus regierte, lag ein Häuschen im Walde, vor dem breitete sich eine Wiese aus und ringsum standen riesenhohe, uralte Tannen. In dem Häuschen aber wohnten der Puppenschnitzer Meister Friedolin und seine Frau Annettchen, sowie seine Tochter Liebetraut mit ihrem Mann, dem Meister Severin.
Aber der Wagen war vorüber, der rollte durch den Wald, rollte auf dem weichen Boden dahin, und auf einmal war das Waldhaus da und vor dem Waldhaus saßen Meister Friedolin, Mutter Annettchen, die schöne Frau Liebetraut und Herr Severin mit ihren Kindern. Ganz wunderhold aber saßen da auch Rosemarie und der Geiger Michele. Die waren just zu Besuch in das Waldhaus gekommen.
Um das Waldhäuschen sauste und brauste es mächtig in diesen Tagen, aber Liebetraut lief trotz dem Sturm immer wieder vor die Türe, steckte ihre kleine Nase hinaus und rief jubelnd: »Es riecht nach Frühling; ganz gewiß, er kommt bald.« Und dann patschte sie einmal draußen im feuchten Walde herum, und als sie wiederkam, brachte sie für Mutter Annettchen die ersten Schneeglöckchen mit.
Der Meister schmunzelte. »Das glaube ich wohl, du Tollkopf,« sagte er, »das könnte dir gefallen, ihr kaspertet den ganzen lieben langen Tag hier im Häuschen herum!« »Jetzt kommt er schon wieder!« unterbrach auf einmal Frau Annettchen das Gespräch. Sie schaute ordentlich etwas ärgerlich zum Fenster hinaus; der Gast, der draußen ankam, schien ihr gar nicht zu gefallen.
Nur die Sachen erkannte er wieder und die Namen wußte er noch. Frau Annettchen nannte er immer Madame Erdmute. Der gefiel das gar nicht. Ihr war das Kasperle überhaupt etwas gar zu wild, und sie war froh, als es Zeit war, schlafen zu gehen. Sie mahnte: »Ins Bett, ins Bett! Abends Licht verbrennen und morgens die Sonne unnütz scheinen lassen, ist Verschwendung. Flink, ins Bett!«
Das geht nicht,« meinte Mutter Annettchen. »Ich will mit aufbleiben, ich nähe gleich seinen Kittel fertig.« Liebetraut war schon dabei, für Kasperle ein neues Röcklein zu nähen. Erst sah Mutter Annettchen etwas bedenklich drein, das Aufbleiben mochte ihr nicht recht gefallen. Aber Meister Friedolin meinte, so schlimm wäre das nicht, und ein ordentlicher Kittel täte Kasperle wirklich not.
»Kann sein bald hundert Jahre,« murmelte Meister Friedolin. »Nu, nu, das ist doch nicht möglich, daß der so lange im Schranke gesteckt hat!« »Hunger, au, au, ich hab' so schrecklichen Hunger!« schrie der kleine Gast, und da rannten Mutter Annettchen und Liebetraut erschrocken in die Küche und brachten herbei, was nur da war.
Und auf einmal fing es in ihm an ganz erschrecklich zu knurren; das rumpelte und pumpelte wie die Wackersteine im Magen des schlimmen Wolfes. »Oh, oh, oh,« jammerte er, »ich hab' solchen Hunger, ach, so schrecklichen Hunger.« »Um Himmels willen,« schrie Frau Annettchen, »der stirbt ja noch vor Hunger! Wer weiß, wie lange der nichts gegessen hat!«
Sie hatte allerlei einzuholen, denn das Pfingstfest stand dicht vor der Tür. Frau Annettchen kramte und wirtschaftete im Häuschen herum, alles sollte zu dem Feste blitzsauber sein; dabei war ihr das Kasperle recht im Wege, denn das wuselte wie ein Irrwisch durch die Stuben.
Und ehe die kleine Frau noch wußte, wie ihr geschah, saß das Kasperle schon auf ihrem Wandbrett und begann mit den schönen blanken Zinntellern Fangeball zu spielen. »Warte, du Irrwisch!« schalt Mutter Annettchen, und dann tat sie einen Seufzer. »I, da haben wir ja einen rechten Kobold im Haus!« Ein Kobold war nun Kasperle gerade nicht, aber ein unnützer Schelm war er.
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