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Charlotte freute sich über dieses Blatt. Sein Inhalt traf ganz nahe mit den Vorstellungen zusammen, welche sie von Ottilien hegte; dabei konnte sie sich eines Lächelns nicht enthalten, indem der Anteil des Lehrers herzlicher zu sein schien, als ihn die Einsicht in die Tugenden eines Zöglings hervorzubringen pflegt.

Ich gehe durchaus mit den Vorschriften, die hier immer noch gelten, einig, wenn sie befehlen, daß die Augen des Zöglings und Lebenslehrlings glänzen müssen vor Munterkeit und gutem Willen. Ja, Augen müssen Festigkeit der Seele ausstrahlen. Ich verachte Tränen, und doch habe ich geweint. Allerdings mehr innerlich, aber das ist vielleicht gerade das Schauderhafteste. Fräulein Benjamenta sagte zu mir: »Jakob, ich sterbe, weil ich keine Liebe gefunden habe. Das Herz, das kein Würdiger zu besitzen, zu verwunden begehrt hat, es stirbt jetzt. Ich sage dir adieu, Jakob, schon jetzt. Ihr Knaben, Kraus, du und die andern, ihr werdet dann ein Lied singen am Bett, in dem ich liegen werde. Klagen werdet ihr, leise klagen. Und jeder von euch, ich weiß es, wird eine frische, vielleicht gar vom Naturtau noch feuchte Blume auf das Laken legen. Laß mich dich, junges Menschenherz, ganz ins geschwisterliche, ins lächelnde Vertrauen ziehen. Ja, dir, Jakob, etwas anzuvertrauen, das ist so natürlich, denn man meint, du, der du so aussiehst wie jetzt, du müßtest für alles und jedes, selbst für das Unsagbare und Unhörbare, ein Ohr, eine horchende Brust, ein Auge, eine Seele und ein mitleidendes, mitempfindendes Verständnis haben. Ich gehe am Unverständnis derjenigen, die mich hätten sehen und fassen sollen, am Wahn der Vorsichtigen und Klugen, und an der Lieblosigkeit des Zauderns und des Nicht-recht-mögens zugrunde. Man glaubte mich eines Tages zu lieben, und mich zu haben zu wünschen, doch man zauderte, man ließ mich stehen, und auch ich zauderte, aber ich bin ja ein Mädchen, ich mußte zaudern, ich durfte und sollte es. Ah, wie hat mich die Untreue betrogen, wie haben mich Leerheit und Fühllosigkeit eines Herzens gepeinigt, an das ich glaubte, weil ich glaubte, es sei voll von echten, drängenden Gefühlen. Etwas, das überlegen und unterscheiden kann, ist kein Gefühl. Ich spreche zu dir von dem Mann, an den anmutige süße Träume mich glauben, unbedenklich glauben hießen. Ich kann dir nicht alles sagen. Laß mich lieber schweigen. O das Vernichtende, das mich tötet, Jakob. Die Trostlosigkeiten alle, die mich brechen! Doch genug. Sage, hast du mich lieb, wie junge Brüder Schwestern lieb haben? Schon gut. Jakob, nicht wahr, es ist alles ganz gut, so wie es ist? Nein, nicht wahr, wir beide, wir wollen nicht grollen, nicht zweifeln? Und nicht wahr, nie wieder irgend etwas zu begehren haben, ist schön? Oder nicht? Ja, ja doch. Das ist schön. Komm' und laß mich dich küssen, ein einziges unschuldiges Mal. Sei weich. Ich weiß, du weinst nicht gern, aber jetzt laß uns ein wenig zusammen weinen. Und ganz still jetzt, ganz stillSie fügte nichts mehr hinzu. Es war, als wenn sie vieles noch hätte sagen wollen, doch als wenn sie für ihre Empfindungen keine Worte mehr fände. Draußen im Hof schneite es in nassen großen Flocken. Das erinnerte mich an den Schloßhof, an die innern Gemächer, wo es ebenfalls in nassen großen Flocken geschneit hatte. Die innern Gemächer! Und ich dachte mir immer, Fräulein Benjamenta sei die Herrin dieser innern Gemächer. Ich habe sie mir immer als zarte Prinzessin gedacht. Und jetzt? Fräulein Benjamenta ist ein leidender feiner weiblicher Mensch. Keine Prinzessin. Sie wird also eines Tages da drinnen im Bett liegen. Der Mund wird starr sein, und um die leblose Stirne werden sich die Haare trügerisch kräuseln. Doch wozu sich das ausmalen? Jetzt gehe ich zum Vorsteher. Er hat mir sagen lassen, ich solle zu ihm kommen. Auf der einen Seite eine Mädchenklage und -leiche, auf der andern Seite ihr Bruder, der noch gar nicht gelebt zu haben scheint. Ja, Benjamenta kommt mir wie ein ausgehungerter, eingesperrter Tiger vor. Und wie? Ich, ich begebe mich in den gähnenden Rachen hinein? Nur hinein! Mag er seinen Mut kühlen an einem wehrlosen Zögling. Ich stehe ihm zur Verfügung. Ich fürchte ihn, und zugleich ist etwas in mir, das ihn auslacht. Außerdem ist er mir ja noch die Erzählung seiner Lebensgeschichte schuldig. Er hat mir das fest versprochen, und ich werde ihn daran zu erinnern wissen. Ja, so kommt er mir vor: noch gar nicht gelebt hat er. Will er sich jetzt etwa an mir ausleben? Nennt er etwa gar Verbrechenausüben Ausleben? Das wäre dumm, sehr dumm, und gefährlich. Aber es zwingt mich! Ich muß zu diesem Menschen hineingehen. Eine Seelengewalt, die ich nicht verstehe, nötigt mich, ihn immer wieder von neuem aushorchen, ausforschen zu gehen. Mag mich der Vorsteher fressen, mit andern Worten, mir Leid und Schmach antun. Jedenfalls bin ich dann an etwas Großherzigem zugrunde gegangen. Hinein jetzt ins Kontor. Die arme Lehrerin!

Die dritte und höchste Erziehungsaufgabe der öffentlichen Schule, die natürlich entsprechende moralische und intellektuelle Begabung des Zöglings voraussetzt, ist sodann, im Zögling Neigung und Kraft zu entwickeln, neben und durch die Berufsarbeit und nicht zuletzt durch die Arbeit am eigenen Ich, an der Vervollkommnung seines spezifischen Persönlichkeitswertes seinen Teil beizutragen, daß die Entwicklung des gegebenen Staates, dem er angehört, in der Richtung zum Ideal eines sittlichen Gemeinwesen vor sich gehe.

Nichtsdestoweniger bleibt auch heute der elementaren Volksschule die Aufgabe der Vorbereitung auf den zukünftigen Beruf des Zöglings zugewiesen. Die ungeheure Mehrzahl aller Menschen im Staate steht im Dienste der rein manuellen Berufe, und dies wird für alle Zeiten Geltung haben. Denn jedes menschliche Gemeinwesen hat ungleich mehr körperliche als geistige Arbeiter nötig.

Würden sich vollends die in dieser Schule zusammengefaßten gelernten Berufe der Schüler mit denjenigen Berufen decken, denen auch ihre Eltern nachgehen, so ließe sich in dieser Schule auch jenes Organisationsideal verwirklichen, nach welchem die Schule nicht ein Fremdkörper im Leben des Kindes sein soll, nicht etwas von der täglichen Arbeit im häuslichen Kreise Isoliertes, sondern ein diese häusliche, tägliche Arbeit des Zöglings aufgreifendes, sie veredelndes, geistig aufhellendes Bildungsorgan des Staates.

Eine öffentliche Schule, die auf geistige wie manuelle Berufe vorzubereiten hat, ist daher schlecht organisiert, wenn sie keine Einrichtung hat, die manuellen Fähigkeiten des Zöglings zu entwickeln. Sie ist um so schlechter organisiert, als ja auch in der ganzen Entwicklung des Kindes die körperliche und manuelle der geistigen vorangeht, als insbesondere in der Zeit vom 3. bis 14.

So schrieb Wieland zu einer Zeit, wo durch den Regierungsantritt seines bisherigen Zöglings Carl August und dessen Vermählung mit der Prinzessin Luise von Hessen-Darmstadt manche Veränderungen in seiner bisherigen Lage eintreten konnten. Er schien gefaßt, unter allen Umständen die Lebensweisheit zu zeigen, die bisher seine unzertrennliche Lebensgefährtin gewesen war.

Im Prinzip ist sie für mich gelöst in der Forderung, daß die Schule eine Vorbereitungsanstalt sein soll für den zukünftigen Beruf des Zöglings.

Indem wir aber dem Wesen der Charakterbildung nachgehen, stehen wir vor dem Grundproblem der Erziehung. Es handelt sich dabei nicht darum, welche Ziele wir mit dieser pädagogischen Arbeit anstreben, sondern an welche psychischen Kräfte des Zöglings wir uns zu wenden haben und wie wir sie behandeln müssen.