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Aktualisiert: 7. Juni 2025
Aber Frau Caroline Wittfoth ließ sich nicht in ihrem eigenen Hause "kujonieren". Sie hatte immer kurzen Prozeß gemacht und, wenn nötig, alle acht Tage gewechselt, bis sie schließlich die brauchbaren Persönlichkeiten gefunden und sich in diesem täglichen Kampfe gegen Widersetzlichkeit, Unordnung und Trägheit soweit geschult und gestählt hatte, daß sie sich fortan in Respekt zu setzen wußte.
Auch in der Gärtnerstraße waren alle Fenster, Balkons und Verandas mit Schaulustigen besetzt. Auch die Wittfoth hatte Stühle und Schemel vor ihre Ladenthür auf das Trottoir gestellt, für sich und die beiden Mädchen. Hermann, der sonst an einem dieser Tage zu kommen pflegte, war ausgeblieben. Er hatte sich überhaupt lange nicht bei der Tante sehen lassen, zu deren und Theresens großer Verwunderung.
Bei Beuthien aber war sie sicher, daß auch persönliche Neigung zu Grunde lag. Als Herr Emil Pohlenz von der Verlobung der Witwe Wittfoth hörte, fiel ihm ein Stein vom Herzen. Jetzt war er der Freigegebene, der Verschmähte. Als er beim Lotteriecollecteur das gewonnene Geld eingestrichen hatte, wußte er, was er wollte.
Ein leichtsinniges Mädchen, das sicher auch andere Vergnügungen nicht verschmähen würde, wenn es sich nicht für zu gut hielt, mit diesem Droschkenkutscher die Tanzböden zu besuchen. Auch in dem kleinen Kreis der Tante Wittfoth herrschte keine andere Ansicht über Lulu. Er hatte immer nur geringschätzig über sie sprechen hören. Was stimmte ihn nun auf einmal so günstig für das Mädchen?
"Ne, man so'n bischen", rief ein vorlauter Junge zurück, unter dem Gelächter der Umstehenden. Ein Dienstmädchen suchte, mit unwilligem Ellbogenstoß die Zärtlichkeit eines Gesellen abwehrend, die Nähe der Geärgerten zu gewinnen. "Morgen, Frau Wittfoth! ich wollt' nur für'n Groschen Haarnadeln haben, von die langen, wissen Sie woll. Ich komm gleich retour, will man bloß mal eben Kartoffel holen."
Das Gefühl des Alleinseins überkam sie, die wohlthuende Empfindung des Mitleids mit sich selbst. Das Wetter draußen war fortgesetzt unfreundlich. Der Wind warf einzelne Regen- und Schneeschauer gegen die Fenster, die in gleicher Höhe mit dem Trottoir lagen. Frau Wittfoth freute sich doch, zu Hause geblieben zu sein. Der Ofen strahlte so gemütliche Wärme aus.
"Meinen Segen haben sie", sagte die Wittfoth. "So eine, wie Mimi, bekommen wir schon wieder." "Na", zweifelte Therese. "Mimi war doch eigentlich im Geschäft recht tüchtig." "Alles was recht ist", gab die Tante zu. "Das heißt, vergeßlich ist sie doch man, und nachräumen muß man ihr alles." "Ja, wo findest du eine ohne Fehler, liebe Tante."
Zwei Tage später war Lulu im Laden der Wittfoth zufällig Zeuge, wie jenes Mädchen, Beuthiens Tänzerin, erzählte, daß sie am Mittwoch mit dem jungen Fuhrmannssohn getanzt hätte. "Das is aber'n Flotten", schwärmte sie. "De danzt', dat's 'n Staat is". Am Sonntag wolle er wieder tanzen, erzählte sie weiter, im Ottensener Park. Leider aber hätte ihre Madam großen Kaffee, und so könne sie nicht fort.
Die achtzehnjährige blühende Blondine mit den großen grauen, blitzenden Augen wußte ihre Prinzipalin gut zu nehmen. Anstellig und gewandt, war sie mit Erfolg bestrebt, sich der Wittfoth unentbehrlich zu machen und sie durch kluges, einschmeichelndes Eingehen auf ihre Schwächen und Eigenheiten zu gewinnen. Auch die Kunden fesselte das hübsche Mädchen durch sein gefälliges, entgegenkommendes Wesen.
"Willst Du schon gehen?" fragte sie bedauernd, mit aufrichtiger Betrübnis. "Meine Freunde warten", erklärte er. "Kommst Du bald wieder?" bat sie. Er versprach es. "Adieu, liebe Tante", rief er über den Korridor in die Küche hinein, wo die Wittfoth mit Messern und Gabeln klapperte. Therese gab ihm das Geleit bis an die Thür. Lange sah sie ihm nach.
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