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Aktualisiert: 22. Juni 2025


Nun hatte er die Kobenzlgasse erreicht und seine Schritte wurden langsam, fast schleppend, wie die eines Mannes, der einem schicksalsschweren Augenblick entgegengeht. Vor dem Hause des Hofrates Spineder blieb er tiefatmend stehen und zog sich den grauen Kalabreserhut in die Stirne, daß man nur mehr seinen Knebelbart und das Kinn sah.

Du wirst sehen, ich werde es nicht überleben, daß Leo in die Fremde fort muß! Mutter, laßt mich doch mit ihm ziehenFrau Spineder, der selbst das Wasser in den Augen stand, streichelte zärtlich das weiche, wie Gold leuchtende Haar der Tochter. »Lotte, es geht nicht! Bedenk' doch, Papa ist sechzig und er hat, seit uns der unselige Krieg den Sohn genommen, niemanden als dich.

Leo wird sich allein schon durchschlagen und ihr seid ja noch beide so jung, daß ihr auf andere, bessere Zeiten warten könnt'. Still jetzt, der Vater kommt! Und es klingelt, der Leo wird auch schon da seinHerr Spineder, der jetzt eintrat, um die Kerzen anzuzünden, war der Typus des alten österreichischen Hofrates in seiner besten Art.

Hofrat Spineder sah die Entwicklung dieser Liebe und hatte nichts einzuwenden.

Der Hofrat begann ernstliche Sorgen materieller Art zu haben, die ihm die Entwertung seines Vermögens bereitete; Frau Spineder konnte sich noch immer von dem Schrecken nicht erholen, den ihr die Tatsache eingejagt, daß sie für den Weihnachtskarpfen fünfzigtausend Kronen und für die Weihnachtsgans hunderttausend hatte zahlen müssen, und Lotte war unruhig, weil sie ohne Nachricht von Leo war und doch gehofft hatte, daß er sich irgendwie wenigstens mit einem Glückwunsch melden würde.

Franz Spineder war Beamter, wie es sein Vater und sein Großvater gewesen, aber er war auf den Gehalt eines Hofrates im Unterrichtsministerium nicht angewiesen, sondern recht vermögend, und schon das Haus mit dem riesigen Garten und der kostbaren Einrichtung repräsentierte heute einen nach vielen Millionen zählenden Wert.

Frau Spineder sah noch rasch in die Küche nach dem Karpfen, der Sachertorte und den Krapfen; Lotte hing aber schon am Halse Leos und schluchzte wortlos an seiner Brust. Leo Strakosch, schlank, dunkelhaarig, glattrasiert, mit lebhaften braunen Augen, aus denen Klugheit und Humor blitzten, war um zehn Jahre älter als Lotte.

Als vor Jahresfrist zuerst in politischen Kreisen von dem Plan des Führers der Christlichsozialen, ein Antijudengesetz durchzubringen, geraunt wurde, hatte Hofrat Spineder daran nicht glauben wollen und können. Und als er daran glauben mußte, war seine Empörung maßlos gewesen. Und noch größer sein Schmerz über den Schicksalsschlag, den die bevorstehende Ausweisung Leos für seine Tochter bedeutete.

Nun war Herr Dufresne ganz oben, mit einem Ruck schwang er sich über den Zaun in den Garten des Hofrates Spineder hinüber und versteckte sich hinter einem mächtigen Lindenbaum, der mitten im Weingarten stand. Einige Minuten später war das Mädchen beim Baum angelangt, aber es konnte den Mann hinter dem Baum nicht sehen. Bis plötzlich Unerwartetes geschah.

Als dann der selbstgekelterte goldgelbe Wein kredenzt wurde, erhob Hofrat Spineder sein Glas und sagte mit bewegter Stimme: »Dein Wohl, Leo! Möge das Glück dich auch in der Fremde begleiten, möge das Schicksal in absehbarer Zeit uns alle wieder vereinigen! Kinder, ich weiß, daß ihr mir grollt und ich kann doch nichts tun, als mit euch leiden.

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zähneklappernd

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