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Aktualisiert: 21. Mai 2025
Dann kam sie zu mir; wir sanken auf ein Lager und dieses Mal genoss ich die sanfte, schwere, fast etwas träge Umarmung einer Venezianerin. Dolcisa erhob sich zuerst. Nackt ging sie in das andere Gemach, in das nun auch die Dämmerung drang. Sie näherte sich dem Lager, wo ich vorher gelegen und schob die Hand unter die Laken. »Tot!« rief sie plötzlich mit leichtem Schrecken.
Nun glaubte ich zu wissen, woran ich mich halten konnte. Ihre weiche offene Harmlosigkeit entzückte mich. Kühle feuchte Morgenluft umwehte uns. Wir gingen schweigend durch die finsteren Gassen und überschritten zahllose schmale Kanäle. Dolcisa wollte um keinen Preis eine Gondel nehmen. Niemand begegnete uns. Schliesslich traten wir wie in eine Lichtung auf einen kleinen Platz.
Man lud ihn in eine gemietete Gondel und breitete die wenigen Kränze möglichst darüber aus. Dolcisa folgte schluchzend in dürftigem, doch aufgeputztem Trauergewand. Sie bestieg eine zweite Gondel, begleitet von einem uralten, gebrechlichen Herrn in altmodischer Eleganz, der sich sehr unbehaglich zu fühlen schien.
Dolcisa liess mich lange warten. »Vielleicht hat sie nicht den Mut, mich hereinzurufen,« dachte ich und trat leise in das Gemach. Es war dunkel wie draussen. Aus der Ecke vernahm ich leises Seufzen, und mir war, als wälze sich jemand auf einem Lager. »Sie wartet auf mich,« sagte ich mir, »es ist galant, ihr die Lage so leicht als möglich zu machen.«
»Krank, sehr krank,« erwiderte meine Begleiterin. Es legten viele Kähne an der Erberia an, die Nahrungsmittel für den Markt brachten. Eine lachende Kurtisane kaufte einer Bäuerin aus Chioggia für ein Goldstück ihre rauchende Morgenkohlsuppe ab, deren Duft alle Umstehenden lüstern einsogen. »Mich friert,« sagte meine Freundin Dolcisa, »komm mit mir nach Hause! Du gefällst mir.«
Dort lag mit glasig blickenden Augen ein wundervolles junges Weib, dem wie eine geheimnisvolle Wolke reiches dunkles Haar um den Kopf wallte. Sie war ganz blass, von unnahbarer weihevoller Schönheit, wie eine antike Götterstatue. Dolcisa kniete vor ihr in hastigen, sich übereilenden Gebeten.
In der Ecke starrte ein finsterer alter Palazzo. Dolcisa schloss ein wild verschnörkeltes Seitenpförtchen auf und schob mich hinein. Um uns war stickiges Dunkel. Wir gingen über viele krachende ausgetretene Stufen. Vor einer Tür standen wir still. »Erwarte mich hier,« flüsterte sie, »lass mich zuerst in die Kammer gehn und die Kleider wechseln.« Sie küsste mich im Dunkeln und trat in die Tür.
Durch die Art unserer Zusammenkunft glaubte ich mich berechtigt, ihr ein paar Goldstücke in die Hand zu drücken, die sich krampfhaft schloss. Dann eilte ich hinaus. Auf der Treppe vernahm ich Schritte hinter mir. »Komm doch, mein Lieber,« rief Dolcisa, »warum gehst du denn fort?« Zwei nackte Arme umschlangen mich.
»Sie ist tot!« rief sie, sich umwendend, und etwas wie ein wirklicher Schmerz lag in der tränengedämpften Stimme. »Sie war keine Sünderin wie ich, sie ist als Jungfrau gestorben.« Zitternd trat ich näher. Dolcisa liess den Blick über die Leiche gleiten, deren prachtvolle weisse Formen halb entblösst vor uns lagen.
Auf einem Stuhle hingen schwarze Gewänder und zwei dicke strohgelbe Kerzen lagen darauf. »Das ist für Ersilia, wenn sie tot ist,« erklärte Dolcisa; ihr weisses Hemd triefte von gespenstischer Helle. »Mach doch Licht,« sagte ich ein wenig gedrückt. »Nein, nein; es ist alles so einfach und ärmlich.
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