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Aktualisiert: 14. Juni 2025
Und die Spitalweiber grinsten und hoben die dürren Finger: »Ja, sein Tod wird es sein.« Und: »Siehste Antje, der Israel hat ihn doch geholt. Haha, haha, haha.« Vier Monate lang lag das Jungchen in Gips, und die Mutter legte derweilen ihr Haar in den Rauhfrost hinaus.
Und die Spitalweiber murmelten: »Antje hat ihn verhext. Sie hat Stutenmilch getrunken, als sie den Bengel säugte. Das feit gegen das Unglück. Aber wenn ihm die Milchzähne ausgegangen sind, wird es doch mit ihm kommen!« Antje nahm den Buben nun jeden Morgen bei der Hand und brachte ihn zur Schule. Um zwölf stand sie wieder vor dem gebrechlichen alten Hause mit den vielen Fenstern und holte ihn ab.
Und als es Abend wurde, nahm Antje den Jungen und sie gingen miteinander hinaus. Sie holperten schweigend den Weg hinunter, weiter und nach dem Fluß hin. Die Brücke schwankte und stöhnte laut wie eine Vergewaltigte. Und der Stern, den Antje suchte, kam nicht. Schauer rieselten dahin. Durch den dicken, trägen Dunst schaukelte das Dorf heran.
Einer, dessen Tag nun gekommen war, wie sie es vorausgesagt hatten mit lästerlichen, kalten, trostlosen Worten. Sie suchten triumphierend Antje. Ihre Blicke glühten wie in der Extase des Rausches. Es war ein Blutrausch. Der Rausch nach dem Opfer. Antje aber fand sich wieder in einem anderen fernen Grubendorf. Dort verdingte sie sich auf der Erzmühle. Suchte dort den Tod und suchte ihn vergebens.
Er gab sich das aber nicht bloß. Antje jammerte um den schönen Speck. »Mutter,« sagte Fredrik ganz heftig, »heut abend, wenn die Soldaten in der Schenke sind, holen wir den Speck!« Antje wollte nichts davon wissen, wie sehr auch der Verlust des Speckes schmerzte. »Die Erde kann sich auftun und dann haben wir wieder das Unglück. Nein, nein! Laß man den Speck.« Das sagte sie Fredrik.
Sie lachte, als er geendet hatte, und dann nahm er noch einmal das Blatt und schrieb mit Bleistift oben über das Gedicht: »Meiner Antje Nissen In Schauern der Ehrfurcht gewidmet.« Da lachte sie noch herzlicher, und ihr Lachen führte immer unfehlbar zum Küssen.
Antje wagte auch nicht, dem Jungen das Bild wieder abzufordern. Etwas Feindliches lag schattenhaft auf seinem Gesicht. Er fragte nie mehr nach dem schönen blanken Stern. Aber sie wollte nichts wissen. Nichts wissen, nichts wissen. Da Fredrik wieder aufstand, vergrub er das Bildchen schnell in der Lehmgrube unter dem Ofen.
Sonntags ging Antje auch mit dem Söhnchen durch die mageren Kartoffelfelder und zeigte ihm die bunten Schmetterlinge und den Grashüpfer mit dem gelben Schopf. Einmal sagte Fredrik: »Mutter, wo ist mein Vater? Alle Jungens haben einen Vater. Nur ich nicht und der Schorch. Aber Schorchens Vater ist doch auf dem Kirchhof. Mutter, sag, ist mein Vater auch auf dem Kirchhof?«
Und auf den abgesperrten Gassen standen Posten mit geladenem Gewehr, damit niemand mehr in das Dorf zurückkehre. Antje hatte ein schönes, weißgekalktes Häuschen bekommen. Fredrik half wacker beim Einräumen der Sachen. Plötzlich vermißte Antje zwei Speckseiten. Da fiel ihr ein, daß sie die im Schornstein hatte hängen lassen. Und Fredrik hatte sein Bildchen unter dem Ofen vergessen.
Fredrik zwängte sich hindurch, schlenkerte das lahme Bein hinunter und stand steif in dem Abgezäunten. Antje sah noch sein starres, verstörtes Gesicht aus dem roten Nebel wie einen Totenschädel. Sie konnte nicht weiter und beschloß zu warten. Rief da nicht jemand: »Fredrik? Fredrik . . .?« Eine Eule huschte laut vorüber.
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