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Aktualisiert: 10. Juli 2025
Er erzählte von einem Kater, der, merkwürdig begabt, ihm auf Schritt und Tritt durch die Gassen gefolgt war, dem leisesten Lockruf gehorchend; als er auf die Akademie gezogen, sei das Tier verschwunden und nie wieder zum Vorschein gekommen. Eines Nachts war Engelhart Zeuge, wie Schildknecht mit mehreren betrunkenen Burschen anband, weil diese nach einer Katze mit Steinen warfen.
»Gewiß,« antwortete Schildknecht. »Aber ist Ihnen denn nicht bekannt, daß Millionen von Ihren Stammes- und Herkunftsgenossen im tiefsten Jammer vegetieren, nur eben deshalb, weil sie Juden sind?« »Ich weiß es,« sagte Engelhart; »aber der größte Teil der Menschen lebt im Jammer, und die Tatsache berührt mich mehr als der Grund.«
Es verging eine halbe Stunde; er saß regungslos da und lächelte mit geschlossenen Augen. Bisweilen schien es, als bete er, denn seine Lippen bewegten sich suchend. Er dachte an Schildknecht. Er wünschte ihn herbei mit aller Kraft seiner Seele. Und als ob diesem Wünschen die Macht innegewohnt hätte, Wirklichkeit zu erzeugen, schallte auf einmal vom Hof herauf der wohllautende Triolenpfiff.
Dann drehte sich Schildknecht noch einmal um und rief anscheinend fröhlich: »Auf Wiedersehen!« Caspar blieb noch lange wie verhext an demselben Fleck stehen. Er hatte Lust, sich ins Gras zu werfen und die Arme in die Erde zu wühlen, für die er plötzlich Dankbarkeit empfand.
Eine menschliche Gestalt rennt schnell darüber hin. O Gott, es ist Schildknecht. Was läufst du so, Schildknecht? ruft er ihm zu. Hab’ Eile, große Eile, antwortet jener. Auf einmal schrumpft Schildknecht zusammen, bis er eine Spinne ist, die an einem glühenden Faden zum Ast eines riesengroßen Baumes emporklimmt. Tränen des Grauens fallen wie Regen aus Caspars Augen.
Oben im Wohnzimmer gewahrten sie die Umrisse einer Gestalt, die sich aus kniender Stellung erhob, und ehe Justin noch ein Streichholz in Brand gesteckt, trat seine Mutter zu ihm und sagte: »Mach dich gefaßt, es gibt ein Gewitter.« Schildknecht zündete die Lampe an; das Zylinderglas zitterte in seiner Hand, als er seine Braut im Zimmer sah, und er fragte rauh: »Was habt ihr denn miteinander?« Frau Schildknecht nahm eine offene Kassette, die mit Schmucksachen gefüllt war, vom Tisch, klappte sie zu und trug sie in den Nebenraum.
Schildknecht war verpflichtet, jeden Morgen Bericht zu erstatten, wo er den Nachmittag oder Abend vorher mit Caspar gewesen. Fast jedesmal hieß es von nun ab: wir haben die Frau von Kannawurf abgeholt, oder: die Frau von Kannawurf ist uns begegnet und wir sind spazierengegangen, oder bei Regenwetter: wir sind im Imhoffschen Garten in der Laube gesessen.
Er hatte eine Stiefmutter gehabt, der Vater hatte ihn in früher Jugend unter fremde Leute gegeben, kaum war er von Hause fort, so hatte ein Liebhaber der Frau den Vater im Raufhandel erschlagen. Jetzt saß der Liebhaber samt der Frau im Zuchthaus, und die Brüder hatten das Vermögen durchgebracht. Schildknecht wagte zu fragen, weshalb Caspar heute seine Freundin nicht treffe.
Nach und nach zogen sich alle von ihm zurück, auch Leute, die ihm wohlwollten. Er hatte ganz aufgehört zu arbeiten, und seine Verhältnisse wurden drückend. Der Mutter gegenüber hatte er ein schlechtes Gewissen und mied tagelang das Haus, nächtigte in Engelharts Wohnung. »Es wird ein schlechtes Ende nehmen,« sagte Frau Schildknecht. Ihr sibyllenhaftes Wesen wühlte Justin tief auf.
Bis in die späte Nacht, auch wenn Schildknecht schon längst gegangen war, konnte Engelhart nicht schlafen und lag oft noch mit offenen Augen, wenn die Morgendämmerung durch die Gardinen blinzelte. Gestalten, denen er nie begegnet, regten sich wie Schattenbilder an der Wand, lösten sich von der Wand und schauten ihn an: ganz Blick, ganz Schicksal. In ihrem Schreiten war Musik.
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