United States or Central African Republic ? Vote for the TOP Country of the Week !


Die alte Anne beugte sich zu dem Schirm des Wägelchens und zupfte an den Kissen, in denen das noch namen- lose Töchterchen des Hauses mit großen offenen Augen lag; aber schon rief Nesi: ", hott, alter Nero!", und in würdevollem Schritt setzte die kleine Karawane sich zu ihrer täglichen Spazierfahrt in Bewegung.

Er hatte das Zimmer schon verlassen. Den Augen des Vaters war es nicht entgangen, daß bei ihrer Ankunft Nesi sich hinter der alten Anne versteckt gehalten hatte; nun, da er sie wie verloren draußen auf dem Hausflur stehen fand, hob er sie auf beiden Armen in die Höhe und trug sie so in das Zimmer.

"Ja, Anne, wo ist aber meine Wiege geblieben?" Die Alte blickte sie mit schlauem Lächeln an. "Was meinst", sagte sie, "wenn dir der Storch noch so ein Brüderchen brächte?" Nesi sah betroffen auf; aber sie fühlte sich durch diese Anrede in ihrer elfjährigen Würde gekränkt. "Der Storch?" sagte sie verächtlich. "Nun freilich, Nesi." "Du mußt nicht so was zu mir sprechen, Anne.

Dann warf der Hund den Kopf zurück und bellte, und Nesi lachte und begann das Spiel von neuem. Auch der Vater, der diesem kindischen Treiben zusah, mußte lächeln; aber die junge Frau an seiner Seite lächelte nicht, und wie eine trübe Wolke flog es über ihn hin.

"Wenn es die Mutter wäre!" dachte er; laut aber sagte er: "Das ist unser Nero, den mußt du auch noch kennenlernen, Ines; der und Nesi sind gute Kameraden, sogar vor ihren Puppenwagen läßt sich das Ungeheuer spannen." Sie blickte zu ihm auf. "Hier ist so viel, Rudolf", sagte sie wie zerstreut, "wenn ich nur durchfinde!" "Ines, du träumst!

Sie ließ den Spiegel fallen und schlug die mageren Hände vors Gesicht. Da drang ein Weinen an ihr Ohr. Es war nicht ihr Kind, das ahnungslos in seiner Wiege lag und schlief; Nesi hatte sich unbemerkt hereingeschlichen; sie stand mitten im Zimmer und sah mit düsteren Augen auf die Stiefmutter, während sie schluchzend in ihre Lippe biß. Ines hatte sie bemerkt. "Du weinst, Nesi?" fragte sie.

Da schlangen zwei kleine Arme sich um ihren Hals, und nur ihr verständlich, hauchte es: "Meine liebe, süße Mama!" "Bin ich deine liebe Mama, Nesi?" Nesi antwortete nicht; sie nickte nur heftig in die Kissen. "Dann, Nesi", und in traulich seligem Flüstern sprach es die Kranke, "vergiß auch mich nicht! Oh, ich will nicht gern vergessen werden!"

"Und hier hast du die Nesi!" sagte er und legte das Kind zu den Füßen der schönen Stiefmutter auf den Teppich; dann, als habe er Weiteres zu besorgen, ging er hinaus; er wollte die beiden allein sich finden lassen. Nesi richtete sich langsam auf und stand nun schweigend vor der jungen Frau; beide sahen sich unsicher und prüfend in die Augen.

Nesi stand vor der Alten, die sich auf einen Reisekoffer niedergelassen hatte; ein Lächeln verklärte ihr ernstes Gesichtchen, dann aber schien sie nachzusinnen. "Nun, Neschen", forschte wieder die Alte. "Würd's dich freuen, Neschen?" "Ja, Anne", sagte sie endlich, "ich möchte wohl eine kleine Schwester haben, und Vater würde sich gewiß auch freuen; aber "

"Ines", sagte er, "verlange nur nichts, was die Natur versagt; von Nesi nicht, daß sie dein Kind, und nicht von dir, daß du ihre Mutter seist!" Die Tränen brachen ihr aus den Augen. "Aber, ich soll doch ihre Mutter sein", sagte sie fast heftig. "Ihre Mutter? Nein, Ines, das sollst du nicht." "Was soll ich denn, Rudolf?"