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Sie war so unerlöst, daß der Hauch einer seelischen Bestürzung sie erstarrte, eine Zärtlichkeit der Stimme sie fiebrig den Blick verschwimmen ließ. Auf den Rennen in Auteuil traf er dagegen am Totalisator Gallow wieder, der eine Bande kommandierte, die zwischen den Buchmachern, Jockeys und Startrichtern hin- und herschoß und signalisierte. Er setzte auf ihre Tips, gewann, verlor, gewann.

Wahrhafte Jockeys dieser Steeple-chase, dieser Jagd nach Neuigkeiten, sprangen sie über die Hecken, flogen über die Flüsse, setzten über die Hürden mit dem unvergleichlichen Feuereifer jener Vollblutrenner, die entweder die Ersten am Ziele sein oder sterben wollen.

Wie dem aber sei, sie ist ihrem weiblichen Herzen zum Opfer gefallen. Sie hat, angeregt von Varnhagen von Ense, jene bedeutsam Zeit schildern wollen, wo sich in der Tat trotz Goethes Spott "Musen und Grazien in der Mark" begegneten und Schlegel, Gentz, Fichte, die Rahel und ihre "Kreise" mit einem liebenswürdigen, genialen Prinzen des königl. Hauses in Beziehungen kamen. Es hatte sie das interessiert, besonders Rahels wegen, mit der sie sich in ihrem Roman auffallend identifiziert. Aber der Erfolg ist bei vielen vortrefflichen Eigenschaften ihres Werkes nicht gelungen. Statt, wie eine künstlerische Intuition ihr sagen mußte, den Prinzen episodisch zu benutzen, stellte sie ihn in den Vordergrund. Statt ihren Roman z.B. durch eine Figur wie Karl Wegmann zu heben und zu tragen und alle jene bedeutenden Menschen nur zuweilen in ihr Werk hineinragen zu lassen, macht sie diese selbst zu Hauptträgern der Handlung und gibt eine romantische Biographie, statt eines Romans. Prinz Louis bleibt immer der Mittelpunkt. Sie dichtet ihm Empfindungen an, die zu beweisen sind, sie gruppiert Menschen um ihn, die sie als edel, mindestens bedeutungsvoll erscheinen läßt, während sie doch meist nur frivol und sittenlos sind. Diese Pauline Wiesel, eine feine Berliner Kurtisane berüchtigten Andenkens, erscheint bei unserer Verfasserin so relativ wertvoll und interessant, so drapiert mit dem großen Umschlagetuch grell-moderner Ideen und großblumiger Empfindungen, daß man erstaunt, wenn man sich denken muß: Was wird Diogena zu diesem Buche sagen? Wenn sich bei dieser Dame die Schichten der aristokratischen Gesellschaft zerbröckeln und in die ihr eigene großstaffierte Salon- und Boudoir-Romantik zerblättern, wo Liebe und Skandal bunt durcheinanderlaufen und parfümierte Billetts, von galonierten Jockeys auf silbernen Tellern präsentiert, alle Schmerzen "unverstandener" Seelen aushauchen, so gesellt sich hier wenigstens Gleiches und Gleiches, und wir sind doch bewahrt vor der Fanny Lewaldschen Zumutung, jene Berliner Beamtentöchter interessant zu finden, die beim Blasen der Gardekürassiere an die Fenster rennen, sich in Helme und Epauletten verlieben und Prinzen vollends alles gewähren, was Prinzen nur von Bürgerstöchtern fordern können. Henriette Fromm, Pauline Wiesel sind "Damen" dieses Berliner Schlages gewesen und verdienten nicht von der Poesie so ausstaffiert zu werden, wie dies in unserm Gedenkbuch geschieht. Welche großen Worte sind da an Niederes verschwendet! Welche gemeinen Gesinnungen bunt aufgeputzt! Wer hat Berlin beobachtet und kennt nicht jene Buhlerei der Mütter und jungen Frauen um Prinzengunst, wie sie nach den Tagen der Lichtenau dort Mode war? Später mögen die Opfer dieser Zustände mehr gelernt haben als Madame Rietz wußte, sie mögen französisch parliert, Goethe und Schiller gelesen haben und mit Gentz und Schlegel in Berührung gekommen sein; sie bleiben aber darum doch, was sie sind, mag auch Varnhagen von Ense noch so milde Lichter über sie ausgegossen haben. Die arme Lewald, in dem Drang das Judentum zu heben und eine Jüdin Rahel Levin mit Prinzen von Preußen in Verbindung gebracht darzustellen, ist hier von ihrem Herzen und dessen kühnsten Flügen geblendet gewesen und hat eine Sphäre für dichtungswürdig gehalten, die es nicht war. Mamsell Cäsar, die Berliner Geheimsekretärstochter, verdiente ebensowenig diesen Aufwand von Seelenmalerei wie Henriette Fromm, die am Tage nach der Verlobung an einen