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Mehr als die Demütigungen und Vorwürfe von seiten der Stiefmutter wirkte der stille Kummer des Vaters. Herr Ratgeber vermochte dem Sohn gegenüber nicht beredt zu werden, wie er sich’s vorgenommen hatte. Er nahm in Engelharts Wesen etwas wahr, irgendeinen Funken im Auge, einen Tonfall der Sprache, was ihn an die eigne Jugend gemahnte; unvermutet fand er sein Herz milder als sein Urteil.

Herr Ratgeber schrieb, daß er über Engelharts Treiben nur Ungünstiges vernehme, er beklagte sich bitter über die Nachlässigkeit des Sohnes, der ihn monatelang ohne Brief lasse und sich nur an ihn wende, wenn er etwas brauche. »Deine Stiefmutter hat recht, wenn sie Dich einen kalten Selbstsüchtling nennthieß es weiter, »schon lange bereitet mir Deine Undankbarkeit Kummer.

Er sagte, Engelharts Photographie habe ihm gefallen, es habe ihn erfreut, ein ehrliches Gesicht zu sehen, was ihm aber mißfallen habe und was er dringendst abzustellen bitte, das seien die Haare, die seit mindestens zwei Monaten nicht kurzgeschnitten sein konnten; das erinnere ja beinahe an einen Schauspieler oder Maler oder ähnliches Gelichter.

Doch sie hatte Besuch. Der alte Ratgeber aus Altenberg war da und außerdem dessen Vater, der also Engelharts Urahn war, ein Mann von sechsundneunzig Jahren. Er lebte in Rot am Sand, zwei Stunden hinter Nürnberg. Ein zottiger Bart von rötlichweißer Farbe schloß das ungemein große, rote, zerwühlte, volle Gesicht wie in einen Rahmen.

Nach und nach zogen sich alle von ihm zurück, auch Leute, die ihm wohlwollten. Er hatte ganz aufgehört zu arbeiten, und seine Verhältnisse wurden drückend. Der Mutter gegenüber hatte er ein schlechtes Gewissen und mied tagelang das Haus, nächtigte in Engelharts Wohnung. »Es wird ein schlechtes Ende nehmensagte Frau Schildknecht. Ihr sibyllenhaftes Wesen wühlte Justin tief auf.

Sie wurde von allen, auch von Herrn Freitag, mit Respekt behandelt, nur der finstere Gallus nannte sie kurzweg beim Vornamen. Durch ein gleichmäßig heiteres Naturell wirkte sie besänftigend auf die verschiedenartigen Elemente, und sie beobachtete Engelharts unruhvolles Nichtstun mit schweigender Teilnahme.

Mit dem Zustand seines Gemüts beschäftigte man sich nicht, es war nicht üblich; daß er sich glücklich fühlen müsse, wurde vorausgesetzt. Herr Ratgeber richtete einen Brief an Michael Herz, worin er bat, jeden Fehltritt Engelharts mit unerbittlicher Strenge zu ahnden.

Schildknecht hatte seine Anstellung schon verloren; aus welchem Grunde, erfuhr Engelhart nicht, vermutete jedoch, daß er sich von jenem Heilemann, in dessen Gesellschaft er bis zu Engelharts Ankunft den größten Teil seiner Zeit verbracht hatte, von regelmäßiger Arbeit hatte abziehen lassen. Auch über die Person Heilemanns vermochte Engelhart nicht Klarheit zu gewinnen.

Elftes Kapitel Justin Schildknecht trat als Prediger und Reformator in den Lebenskreis Engelharts. Dies und dies ist ganz verkehrt und jetzt werden wir die Sache so und so anfassen, sagte er; Engelhart wußte, wie verkehrt alles war und wo das Rechte lag, und war doch entzückt, es mit Worten zu vernehmen.

Das Schauspiel füllte Engelharts Herz mit Bangigkeit, doch bald war er daran gewöhnt und heckte mit den andern freche Streiche aus. Dann begann das Tanzen und Fauchen, der Flederwisch wurde hervorgezogen, der Alte sauste hinaus und trieb die Schar vor sich her wie ein bellender Hund das gackernde Geflügel.