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»Heer' emalsagte Katharina, als sie allein waren, »'s werd Zeit, daß merr uns emal iwwer's Gustavche klar wernGott sei Dank: um das Gustavchen handelte es sich also! Nun, er würde sich gewiß gegen nichts sträuben, was dem Kinde von Nutzen sein konnte. Katharina trat dicht vor ihn und frug betont: »Du hast doch vierdausend Mark uff der Sparkass

Aber ihre Taktik, das Kind systematisch dem Vater zu entfremden, blieb erfolglos. Kinder sind Menschenkenner. Das kleine Gustavchen zeigte eine unverkennbare, unbeirrbare Vorliebe für seinen Papa. Sobald er das Zimmer betrat, fing es an zu lachen, streckte die

Schließlich hörte er die Türe knallend zuschlagen, er hob verstört den Kopf, er war allein. Da küßte er das Gustavchen, legte es ins Bettchen, blieb bei ihm sitzen. »Sei still, Gustavcheflüsterte er, »danz brav sei', Dustavche! Danz brav is'm Babba sei LieblingUnd mitten in diesen zärtlichen Einlullungsversuchen legte er plötzlich sein Haupt auf den Rand des Kinderbettes und weinte lange.

Sie bewies dem Kinde keine Zärtlichkeit, sie betrachtete seine Anwesenheit einfach als eine Vermehrung ihres Arbeitspensums, das sie mit mürrischer Selbstverständlichkeit erledigte. Sie vernachlässigte das kleine Gustavchen ebensowenig wie sie je ihren Haushalt vernachlässigt hatte, sie erfüllte ihre Pflicht, aber wer auf dieser Welt nur seine #Pflicht# tut, tut zu wenig.

Er saß auf einer Bank an der Wand und sah die Käufer kommen und gehen; Leute, die harmlose Dinge kauften wie Hustenbonbons, Watte, Lysoform; vergrämte Mütterchen, die gleich ihm auf Arzneien warten mußten; kokette Dienstmädchen, die mit dem Provisor poussierten; und alle Menschen kamen ihm so beneidenswert, so glücklich vor. Als er wieder zu Hause eintraf, war das Gustavchen schon abgeholt.

Adolf, der zu Hause so schweigsam war, redete auf diesen Spaziergängen zu Bindegersts Erstaunen wie ein Buch. Und gab es nichts mehr zu erklären, dann erzählte er dem Gustavchen Geschichten, gelesene und improvisierte, was ihm gerade in den Kopf kam. Was in diesen Geschichten alles zusammengehext und zusammengezaubert wurde, das war selbst für eine Märchenwelt zu bunt.

Ungefähr ein halbes Jahr war Gustavchen alt, als Katharina Sonntags, nach dem Mittagessen, anordnete: »Vadder, geh enuff, Dei Middagsschläfche mache, ich habb mit'm Adolf zu reddeEs wurde Adolf unbehaglich bei dieser Ankündigung. Was konnte ihm seine Frau in Abwesenheit des Großvaters zu sagen haben?

Drei Tage später war Gustavchen tot. Der Scharlach hatte ihn dahingerafft. Wie ein Kriegsverwundeter in den meisten Fällen anfangs nur das Gefühl eines dumpfen Schlages hat, ohne wirklichen Schmerz zu verspüren, bis dann beim Verbinden, beim Heilungsprozeß die unerträglichen Qualen einsetzen, so empfand Adolf zunächst nur eine dumpfe Betäubung.

Was geschah hier? Sein Schwiegervater starb. Gut, alle Menschen müssen sterben. Auch sein Gustavchen hatte sterben müssen. Und war doch so jung gewesen. Aber weshalb hatte Katharina so geschrieen? Das war der Schrei tiefsten Schmerzes gewesen. Also liebte sie doch einen Menschen, ihren Vater. Ihren Sohn, ihren Gatten hatte sie nie geliebt. Merkwürdig.

Sie hatte offenbar ihren Plan, das Kind dem Vater zu entfremden, als aussichtslos aufgegeben und begnügte sich damit, Vater und Kind mit erprobter Technik #einzeln# zu quälen. Fortan trippelte Gustavchen Sonntag mittags, rechts und links von schwieligen Männerhänden geführt, durch die Stadt und ins Freie.