United States or Sudan ? Vote for the TOP Country of the Week !


Casanova wandte sich zu der Wirtin und erklärte ihr mit einer angenommenen verdrießlichen Miene, daß er leider gezwungen sei, schon in dieser selben Stunde seine Reise fortzusetzen, wenn er nicht Gefahr laufen wolle, die Stelle zu verlieren, die ihm sein Freund Bragadino in Venedig verschafft habe, und um die hundert Bewerber da seien.

Freilich von irgendwelchem Haß gegen Bragadino verspürte er nichts mehr in sich; eher eine gewisse Rührung über den einfältig gewordenen uralten Mann, der ihm da gegenübersaß mit dünngewordenem weißem Bart und rotgeränderten Augen, und dem die Tasse in der mageren Hand zitterte.

Es kam von Herrn Bragadino, seinem väterlichen Freund aus Jugendtagen, einem alten Hagestolz, der, nun über achtzig, und vor zehn Jahren Mitglied des Hohen Rats geworden, Casanovas Sache in Venedig mit mehr Eifer als die andern Gönner zu führen schien. Der Brief, ausnehmend zierlich, nur von etwas zittriger Hand geschrieben, lautete wörtlich: »Mein lieber Casanova.

Es waren ein paar Zeilen von Bragadino mit einer Anweisung auf zweihundertfünfzig Lire, die beilag, damit er seine Reise, wenn er etwa dazu entschlossen, auch nicht einen Tag länger aufzuschieben genötigt sei.

Ein paar Greisenjahrein Elend und Niedrigkeit ... Was hatte er noch zu tun auf der Welt?... Herrn Bragadino vergiften? – War es der Mühe wert? Nichts war der Mühe wert ... Wie dünn dort oben die Bäume standen! Er begann sie zu zählen. Fünf ... sieben ... zehnSollte ich nichts Wichtigeres zu tun haben?... – »Ich bin bereit, Herr ChevalierRasch wandte sich Casanova um.

Casanova ergriff sie, als wenn er sie küssen wollte, tat es aber nicht und erwiderte die herzliche Begrüßung mit Worten heißen Dankes in der etwas hochtrabenden Art, von der seine Ausdrucksweise bei solchen Gelegenheiten nicht frei war. Bragadino forderte ihn auf, Platz zu nehmen, und fragte ihn vor allem, ob er schon gefrühstückt habe.

Bragadino wehrte mit einer Handbewegung ab, als wäre nun nicht die Stunde, sich solcher kleiner Unannehmlichkeiten zu erinnern. Übrigens, er, Bragadino, hatte auch damals alles mögliche versucht, um Casanova vor der Strafe zu retten, wenn auch leider vergeblich. Ja, wenn er schon damals dem Rat der Zehn angehört hätte! –

Aber warum hatte er ihn auf dem Rasen liegen lassen wie einen toten Hund? Auch das durfte ihm niemand zum Vorwurf machen: rasche Flucht war sein gutes Recht, beinahe seine Pflicht gewesen. Lorenzi hätte es nicht anders gemacht. Aber konnte ihn Venedig nicht ausliefern? Sofort nach seiner Ankunft wollte er sich in den Schutz seines Gönners Bragadino stellen.

Er behandelte das Gold wie Messing, verschenkte große Stücke und hielt stets auf eine reiche Tafel. Als er sich später nach Münster wandte, verlor er sein Leben am Galgen. Noch größeres Aufsehen als dieser Bragadino machte ein gewisser Hieronymo Scotto.

Durch einen alten Musiker, der ihn sofort wiedererkannte, den einstigen Kapellmeister des Theaters San Samuele, desselben, in dem Casanova vor dreißig Jahren Geige gespielt hatte, wurde er auf die ungezwungenste Weise in eine Gesellschaft von meist jüngern Leuten eingeführt, deren Namen ihm von seinem Morgengespräch mit Bragadino her als besonders verdächtige in Erinnerung verblieben waren.