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Die Jugend bedarf des Schlafes, sagte sie sich, besonders nach einer halb durchtanzten Nacht. Verschlimmerte sich Lillis Zustand, so erfuhren sie diese traurige Botschaft am Morgen noch früh genug.
Ein längerer Aufenthalt hier könnte deiner Gesundheit schaden. Du kannst dem Kinde auch nicht helfen, – sieh hin – es kennt dich – uns alle nicht mehr!« Bevor sie das Zimmer verließ, trat Ilse noch einmal zögernd und leise an Lillis Bett. Zitternd ergriff sie die kleine, fieberheiße Hand, beugte sich nieder und drückte einen Kuß darauf. »Gute Nacht, Liebling,« hauchte sie leise, »gute Nacht!«
»Was schwatzt der kleine Kind für Zeug?« sagte sie und streichelte liebkosend Lillis Hand. »Wo hast du dies gehört? Keiner Mensch hat noch in der Himmel geschaut.« »Aber die Mama hat’s gesagt, – sie weiß es, nit wahr, Ilse?« rief Lilli heftig. Die gab ihr keine Antwort darauf, sie versuchte, das Kind auf andre Gedanken zu bringen. »Möchtest du wieder zu deiner Mama?« fragte sie.
Sie machte sich Vorwürfe, daß sie deren Andenken heute so ganz vergessen konnte! »Komm, Nellie,« sagte sie, »laß uns im Garten Veilchen pflücken zu einem Kranz auf Lillis Grab.« Fräulein Güssow stimmte diesem Vorschlage bei und begleitete gegen Abend die Freundinnen hinaus auf den stillen Friedhof. Ilse beugte sich nieder und legte den Kranz auf den frischen Grabhügel.
Aber sie kamen doch außer Fassung, besonders Ilse, deren lebhafte Natur sich dem Schmerze zügellos hingab. Sie glaubte vergehen zu müssen. Noch nie hatte sie sich so unglücklich gefühlt, als in der ersten Nacht nach Lillis Tode, selbst damals nicht, als sie den Wagen fortfahren sah, der den geliebten Vater entführte, und sie fremd und verlassen an der Pforte dieses Hauses stand.
»Meine ahnungsvolle Stimme täuscht mich nicht, ich fühle es, der Tod wird diese zarte Knospe brechen,« sagte sie in tragischem Tone und probierte dabei ihre neuen Ballschuhe an, streckte den Fuß weit von sich und bewunderte mit sehr befriedigter Miene die zierliche, elegante Form des Schuhes. Es war ihr wenig ernst mit ihren düstern Ahnungen! Lillis Besserung war leider nur trügerisch gewesen.
Als sie sich eben niedergesetzt hatte, ihr Vorhaben auszuführen, trat Flora mit strahlenden Augen ein. »Ich muß euch meine neuesten Gedichte vorlesen,« sagte sie erregt, »sie sind das beste, was ich bis jetzt geschrieben habe! Ihr müßt mich anhören!« Und sie entfaltete ein starkes Heft, in welchem sie Lillis Tod in den verschiedensten Dichtungsarten besungen hatte.
»Nein,« entgegnete diese, die sich an Lillis jubelnder Freude erquickte. »Ilse und Nellie haben sie dir angezogen. Aber sieh einmal, hier hast du noch eine Puppe, die hat dir deine Mama geschenkt.« Kaum einen Blick hatte sie für die kostbare Balldame. »Die ist mir zu geputzt,« sagte sie, »die kann ich doch nit in das Bett legen!