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Dieser Zustand dauert noch fort, wenn er gleich von demselben entfernt wird, und das Bild desselben, das seine ganze Seele auszufüllen scheint, ist so lebhaft, daß es einige Zeit braucht, bis er der Abwesenheit des Urbildes gewahr wird.

Wir sehen also, daß der Dichter, indem er sich von der eigenen und besondern Wahrheit entfernet, desto getreuer die allgemeine Wahrheit nachahmet. Und hieraus ergibt sich die Antwort auf jenen spitzfindigen Einwurf, den Plato gegen die Poesie ausgegrübelt hatte und nicht ohne Selbstzufriedenheit vorzutragen schien. Nämlich, daß die poetische Nachahmung uns die Wahrheit nur sehr von weitem zeigen könne. Denn, der poetische Ausdruck, sagt der Philosoph, ist das Abbild von des Dichters eigenen Begriffen; die Begriffe des Dichters sind das Abbild der Dinge; und die Dinge das Abbild des Urbildes, welches in dem göttlichen Verstande existieret. Folglich ist der Ausdruck des Dichters nur das Bild von dem Bilde eines Bildes und liefert uns ursprüngliche Wahrheit nur gleichsam aus der dritten Hand. Aber alle diese Vernünftelei fällt weg, sobald man die nur gedachte Regel des Dichters gehörig fasset und fleißig in Ausübung bringet. Denn indem der Dichter von den Wesen alles absondert, was allein das Individuum angehet und unterscheidet, überspringet sein Begriff gleichsam alle die zwischen inne liegenden besondern Gegenstände und erhebt sich, soviel möglich, zu dem göttlichen Urbilde, um so das unmittelbare Nachbild der Wahrheit zu werden. Hieraus lernt man denn auch einsehen, was und wie viel jenes ungewöhnliche Lob, welches der große Kunstrichter der Dichtkunst erteilet, sagen wolle; daß sie, gegen die Geschichte genommen, das ernstere und philosophischere Studium sei: [Greek: philosophoteron kai spoudaioteron poiaesis historias estin]. Die Ursache, welche gleich darauf folgt, ist nun gleichfalls sehr begreiflich: [Greek: ae men gar poiaesis mallon ta katholou, ae d' historia ta kath' ekaston legei]. Ferner wird hieraus ein wesentlicher Unterschied deutlich, der sich, wie man sagt, zwischen den zwei großen Nebenbuhlern der griechischen Bühne soll befunden haben. Wenn man dem Sophocles vorwarf, daß es seinen Charakteren an Wahrheit fehle, so pflegte er sich damit zu verantworten, daß er die Menschen so schildere, wie sie sein sollten, Euripides aber so, wie sie wären: [Greek: Sophochlaes ephae, autos men oious dei poiein, Euripidaes de oioi eisi]. Der Sinn hiervon ist dieser: Sophokles hatte, durch seinen ausgebreiteten Umgang mit Menschen, die eingeschränkte enge Vorstellung, welche aus der Betrachtung einzelner Charaktere entsteht, in einen vollständigen Begriff des Geschlechts erweitert; der philosophische Euripides hingegen, der seine meiste Zeit in der Akademie zugebracht hatte und von da aus das Leben übersehen wollte, hielt seinen Blick zu sehr auf das Einzelne, auf wirklich existierende Personen geheftet, versenkte das Geschlecht in das Individuum und malte folglich, den vorhabenden Gegenständen nach, seine Charaktere zwar natürlich und wahr, aber auch dann und wann ohne die höhere allgemeine

Die Luise von Voß, schon 1783 gedichtet, ist in vielfacher Beziehung ein dem Goetheschen verwandtes Gedicht; ja man hat Hermann und Dorothea geradezu für eine Nachahmung jenes Idylls erklärt, die natürlich, wie ja der Nachahmer immer der Unfreie und an produktiver Kraft Geringere ist, hinter der Schönheit des Urbildes zurückblieb.

Bitter beklagte sich Schiller in den letzten Jahren seines Lebens über den Mangel an Produktivität und die unselige Nachahmungssucht der Deutschen, die nichts weiter herbeiführe, als ein ideales Wiederbringen und Verschlechtern des Urbildes. "Solche Nachahmungen", schrieb er, "hat auch mein Wallenstein und meine Braut von Messina vielfach hervorgebracht.