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Aktualisiert: 18. Mai 2025


Aber die schönste Entwicklung hat der brave Herr Postsekretär nicht mehr erlebt; er sah nur die Anfänge dazu und starb noch, bevor man zwischen Marmorsäulen unter überladenen Stuckdecken eine Tasse Kaffee trank und sich einbilden konnte, in einem Bahnhofe oder in einem Tempel zu hocken. Das blieb dem eingefleischten Altmünchner erspart.

Es läßt sich denken, was der Herr Postsekretär dem Erfinder des Kanzelparagraphen nachmurmelte; über Fäustle wurde milder geurteilt. Daß er Europens übertünchte Höflichkeit nicht kannte und als Gelegenheitsjäger mehr Eifer als Talent verriet, wurde aber doch festgestellt.

Im allgemeinen vermieden es die zwei Antipoden, besonders in meiner Anwesenheit, auf strittige Fragen zu kommen; wenn’s doch geschah, war der Angreifer immer der Herr Postsekretär, der auch vor mir weder seine noch seines Gegners Würde zu wahren beflissen war. Zuweilen streckte er, wenn ihm etwas mißfiel, heimlich, aber unmenschlich lang seine Zunge hinterm Maßkrug heraus und schnitt Gesichter.

Wenn der Onkel Postsekretär abends, wie es seine Gewohnheit war, denMünchner Botenvorlas und mit einem Blaustift ärgerliche Nachrichten zornig anstrich, dann unterbrach Tante Minna nicht selten die Vorlesung mit einer Anekdote über einen Gewaltigen in Bayern. „Der brauchet sich auch net so aufmanndeln ...“ Damit begann sie gewöhnlich die Erzählung, und dann folgte die Geschichte eines Begebnisses, in dem der hohe Herr schlecht abgeschnitten hatte.

Liebe war das nicht. Ueber die Liebe hatte sie überhaupt ihre eigenen Gedanken. Wie hatte sie im vorigen Jahr für den braunen, schwarzbärtigen Postsekretär in der Neustraße geschwärmt. Und jetzt? Neulich sah sie ihn noch am Arm einer andern, seiner Braut vermutlich. Das Herz war ihr nicht gebrochen.

Aber ich möchte doch die Kur nicht allen empfehlen. Im Mai oder zu Anfang Juni ging Onkel Wilhelm aufs Land, und dann begann für mich eine Zeit genußreicher Ungebundenheit. Der Herr Postsekretär war kein strenger Stellvertreter; übrigens starb er bald so ruhig und gelassen, wie er gelebt hatte.

Der Postsekretär hatteschon anfangs der dreißiger Jahrein München Jura studiert, war aber vor dem Examen zur Post gegangen und hatte zuletzt als Sekretär in Regensburg amtiert. Der Premierleutnant hatte die Feldzüge mitgemacht, war nach siebzig krank geworden und hatte den Dienst quittiert.

Ich glaube nicht, daß der Herr Postsekretär eifersüchtig oder gekränkt war, aber er zeigte zuweilen mit Zitaten aus Klassikern, daß seine Kenntnisse solider waren als diedes Soldatenschädels“.

Ich war der Obhut zweier Onkel anvertraut, die, so entfernt verwandt sie auch mit uns waren, doch nach Sitte und Brauch so genannt wurden. Sie hatten zusammen eine kleine Wohnung in der Frauenstraße inne; der eine, pensionierter Postsekretär, war mit der Schwester des andern, eines pensionierten Premierleutnants, verheiratet.

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