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Aktualisiert: 13. Mai 2025


Ich zögerte noch, aber Georg, dem jedes Mittel willkommen war, das ihm geeignet schien, mich heiterer zu stimmen, redete zu, und so folgte ich eines Abends Polenz' Einladung. Er hatte eine heterogene Gesellschaft zusammen gebeten: alte Regimentskameraden und anarchistelnde Schriftsteller, sächsische Gesandschaftsattachés und die Blüte der berliner Kaffeehaus-Literaten.

»Kommen Sie « sagte Polenz leise. Wie aus einem Traume sah ich auf. Der Saal war schon halb leer. Nur droben auf der Tribüne stand Egidy noch mit der kleinen Näherin. »Lassen Sie mich « antwortete ich hastig und trat rasch auf die beiden zu. »Darf ich einmal zu Ihnen kommenganz zaghaft nur sprach ich dem jungen Mädchen meine Bitte aus.

Ein spannender Moment: tausend Augenpaare bohrten sich in das blasse, erregte Gesicht Egidys. »Das hab' ich gefürchtet « flüsterte Polenz neben mir. »Ich habe den Soldatenrock ausgezogen um meiner Überzeugung willen, darnach gibt es für mich kein Opfer mehr, das ich ihr nicht leichten Herzens bringen könnte.

»Sie kennen eben unsere jungen Dichter nicht, die zumeist aus dem engsten Kleinbürgertum stammen und von da aus direkt der Großstadtbohême in die Arme laufen. Eine andere Welt ist ihnen fast allen fremd und bleibt ihnen fast immer verschlossen. Gerade Sie sollten es wagen, in die Höhle der Löwen zu kommenantwortete Polenz.

»Die sexuelle Freiheit ist doch nicht die Freiheit an sichsagte ich einmal voller Empörung zu Polenz, der mir Hartlebens »Hanna Jagert« gebracht hatte. »Gewiß gibt es Frauen mit denselben sinnlichen Leidenschaften, wie Männer sie haben, aber in ihnen den 'großen freien Weibtypus der Zukunft' zu suchen, ist ebenso frevelhaft, als wenn man den modernen Lebemann für das Ideal der Männlichkeit erklären würde

»Was sagen Sie dazu, daß unser gemeinsamer Freund sich zum Reichstag aufgestellt hatschrieb mir Wilhelm von Polenz. »Überrascht er nicht immer wieder durch seinen Mut und die Konsequenz seiner Entwicklung? Ich komme dieser Tage nach Berlin und möchte Sie gern in eine seiner Wahlversammlungen begleiten

»Man hat Sie als Spitzel der Ethischen Bewegung verdächtigtsagte lachend Wilhelm von Polenz, ein treuer Freund und ständiger Gast des Egidyschen Hauses, den ich um Aufklärung bat. »Bandestieß ich zwischen den Zähnen hervor. »Sie haben mit Ihrer Bezeichnung, fürcht' ich, mehr recht, als Sie ahnendes jungen Dichters Züge waren ernst, fast traurig geworden »es ist ein Jammer, daß unser Freund diese Umgebung hat und duldet.

Meine Gedanken waren aber noch dabei; Polenz hatte recht, ganz recht: die Dichter der »Ehre«, der »Familie Selicke«, des »Vor Sonnenaufgang« waren unsere geborenen Mitkämpfer. Unsere?! die der Ethischen Bewegung natürlich!

Zum erstenmal verschwieg ich Georg, was ich erlebt hatte; nur von dem Abend bei Polenz erzählte ich und von den Menschen dort, die »auch nicht die unseren sind«. Er hörte kaum zu, seine Gedanken waren bei dem Brief, den er zwischen den Fingern rollte und mir lächelnd reichte. »Hier werden wir die unseren findensagte er.

Zuerst kam der Kreis der engeren Gemeinde Egidys, die seit seinem entschiedenen Eintritt in das praktisch-politische Leben sehr zusammengeschmolzen war; dann erschienen die vielen, die überall dabei sein müssen: sensationslüsterne Weiber, kühl-neugierige Skribenten; ganz nach vorn drängten sich die russischen Studenten und Studentinnen, die stets mit sicherem Instinkt die Luft geistiger Revolutionen wittern, und schließlich strömte es herein von Männern und Frauen, von denen ich nicht recht wußte, wohin sie gehörten. »Arbeitersagte Polenz.

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