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Aktualisiert: 23. Mai 2025


Früh schon atzt es ihn mit der süßen Speise des Ruhms: sein erstes Buch schenkt ihm einen Namen; aber rasch faßt ihn die harte Kralle und schleudert ihn wieder zurück ins Namenlose: ins Zuchthaus, in die Katorga, nach Sibirien. Wieder taucht er, nur noch stärker und mutiger, empor: seine Memoiren aus dem Totenhause reißen Rußland in einen Taumel.

Nun beginnt jene jahrelange ziellose Wanderung durch das europäische Exil, jene grauenhafte Abschnürung von Rußland, dem Blutquell seines Lebens, die ärger seine Seele beengte als die Pfähle der Katorga. Furchtbar ist es auszudenken, wie der größte russische Dichter, der Genius seiner Generation, der Bote einer Unendlichkeit, mittellos, heimatlos, ziellos von Land zu Land irrt.

Schankstuben voll Branntweindunst, Gefängniszellen, Winkel in Vorstadtwohnungen, Bordellgassen und Kneipen, und dort in Rembrandtschem Dunkel ein Gewühl von ekstatischen Gestalten, der Mörder, das Blut seines Opfers über den erhobenen Händen, der Trunkenbold im Gelächter der Zuhörer, das Mädchen mit dem gelben Schein im Zwielicht der Gasse, das epileptische Kind, bettelnd an den Straßenecken, der siebenfache Mörder in der Katorga Sibiriens, der Spieler zwischen den Fäusten der Spießgesellen, Rogoschin, wie ein Tier sich wälzend vor dem verschlossenen Gemach seiner Frau, der ehrliche Dieb, sterbend im schmutzigen Bette welche Unterwelt des Gefühls, welcher Hades der Leidenschaften!

Sibirien und die Katorga, die grauenhafteste Verzerrung Rußlands, sie war immerhin noch Heimat gewesen, nun soll er noch die Sehnsucht des Nomaden nach dem Zelte kennen lernen um der urmächtigen Liebe zum eigenen Volk willen. Noch einmal muß er zurück ins Namenlose, noch tiefer hinab in das Dunkel, ehe er der Dichter, der Herold seiner Nation sein darf.

Aus den Kerkern drängen sie her, aus der Katorga Sibiriens, klirrend in Ketten, aus Winkelstuben, Bordellen und Klosterzellen, sie alle, die großen Leidenden der Leidenschaft; noch klebt das Blut an ihren Händen, noch brennt ihr geknuteter Rücken, noch sind sie nieder in Zorn und Gebrest, aber schon ist die Klage zerbrochen in ihrem Munde, und ihre Tränen funkeln von Zuversicht.

Die Arbeit ist seine Rettung und seine Qual. In ihr lebt er in Rußland, in der Heimat. In der Ruhe schmachtet er in Europa, in der Katorga. Immer tiefer stürzt er sich darum in seine Werke hinein. Sie sind das Elixier, das ihn trunken macht, sie sind das Spiel, das seine Nerven, die gepeinigten, zu höchster Lust anspannt.

Sibirien, die Katorga, die Epilepsie, die Armut, die Spielwut, die Wollüstigkeit, all diese Krisen seiner Existenz werden durch eine dämonische Umwertungskraft fruchtbar in seiner Kunst, denn wie die Menschen ihre kostbarsten Metalle aus den schwärzesten Tiefen der Bergwerke, zwischen den Gefahren schlagender Wetter, tief unter der spaziergängerischen Fläche des gesicherten Lebens, so gewinnt der Künstler seine flammendsten Wahrheiten, seine letzten Erkenntnisse immer nur aus den gefährlichsten Abgründen seiner Natur.

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