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Sie setzte sich zu ihm an den kleinen, braunen Tisch: »Ich habe einen Augenblick Zeit, mit Ihnen zu plaudern, und sehe nicht ein, warum ich es nicht tun sollte. Sie scheinen ein vereinsamter junger Mann zu sein, das sagen mir Ihre Augen, und sie sagen mir auch, und das deutlich genug, daß der, dem sie gehören, den Wunsch fühlt, mit Menschen in Berührung zu kommen. Ich weiß nicht, wie es kommt, daß ich Sie für einen wohlgebildeten Menschen halten muß. Als ich Sie sah, reizte es mich schon, mit Ihnen zu sprechen. Wenn ich Sie mit der scharfen Lorgnette hätte betrachten wollen, würde ich vielleicht entdeckt haben, daß Sie ziemlich verwahrlost aussehen, aber wer wollte Menschen erkennen lernen und sich dazu des Augenglases bedienen? Als Vorsteherin dieses Hauses habe ich ein Interesse daran, möglichst genau zu erfahren, wer alles meine Gäste sind. Ich habe mich daran gewöhnt, die Menschen nicht nach einem schäbigen Filzhut, sondern nach ihren Bewegungen, die ihr Wesen besser erklären, als gute oder schlechte Kleidungsstücke, zu beurteilen, und habe im Laufe der Zeit gefunden, daß ich den richtigen Weg nehme. Gott soll mich doch, wenn er es je gut mit mir meint, daran verhindern, hochnäsig und hochmütig zu werden. Eine Geschäftsfrau, die nicht Menschenkennerin ist, macht mit der Zeit schlechte Geschäfte, und was lehrt denn die zunehmende Menschenkenntnis? Das Einfachste von der Welt: Alle mit Freundlichkeit zu behandeln! Sind wir nicht alle zusammen, wir Menschen auf diesem einsamen, verlorenen Planeten, Geschwister? Brüder und Schwestern? Brüder zu Schwestern, Schwestern zu Schwestern und wieder Schwestern zu Brüdern? Ganz zart kann ja das sein und muß es wohl auch immer sein: in Gedanken vor allem! Aber dann muß es auch anschwellen und getan werden. Kommt mir ein roher Mann vor oder ein einfältiges Weib, was kann ich da tun? Muß ich mich sogleich abgeschreckt und unsympathisch berührt fühlen? O, noch lange nicht. Ich denke dann: nein, ganz angenehm ist mir dieser Mensch nicht, er stößt mich ab, er ist ungebildet und anmaßend, aber ich muß ihn und mich das nicht in so allzudeutlicher Weise merken lassen. Ich muß mich ein wenig verstellen, er verstellt sich dann vielleicht auch ein wenig, wenn auch nur aus Trägheit oder Dummheit. Wie lieb ist es, Rücksichten zu nehmen. Ich bin innerlich heilig und mit Flammen davon überzeugt, daß es lieb ist, weiter weiß ich über diesen Punkt nichts zu sagen. Oder dieses noch: ein Bruder muß ja nicht gerade zu den feinsten und erlesensten Menschen gehören und kann doch, vielleicht aus, sagen wir, etwas abgemessener Entfernung, Bruder sein. So mache ich es mir zum Gesetz, und ich stehe ordentlich gut dabei. Viele Menschen gewinnen mich lieb, die vordem die Schultern gezuckt und mir ihr Gesicht verzogen haben. Warum sollte ich nicht, was eine so reizende Lehre, wie das Üben der liebenden und beobachtenden Geduld ist, betrifft, ein klein wenig Christin sein? Wir alle haben das Christentum jetzt vielleicht wieder nötiger als je zuvor; aber das ist dumm gesprochen. Sie lächelten, und ich weiß ganz gut, warum Sie lächeln. Sie haben recht, weshalb habe ich mit Christentum zu kommen, wo nur einfache, kluge Freundlichkeit in Frage kommt. Wissen Sie was? Ich denke mir so manchmal: Christenpflicht, das geht jetzt in unseren Tagen leise und kaum spürbar in Menschenpflicht über, und das ist viel einfacher und ist besser auszuführen. Doch ich muß gehen. Man ruft mich. Bleiben Sie sitzen, ich komme wieder

Auch schien der Unglückliche nicht zu merken, dass jemand um ihn sei; vielmehr sah er sich immer mit rührenden Gebärden um, wie ein von aller Welt Verlassener und Vereinsamter. Zuletzt aber, nach vielem Zittern, Zucken und Sich-zusammen-Krümmen, begann er also zu jammern: Wer wärmt mich, wer liebt mich noch? Gebt heisse Hände! Gebt Herzens-Kohlenbecken!

Da möchte sich ein trostlos Vereinsamter kein besseres Symbol wählen können, als den Ritter mit Tod und Teufel, wie ihn uns Dürer gezeichnet hat, den geharnischten Ritter mit dem erzenen, harten Blicke, der seinen Schreckensweg, unbeirrt durch seine grausen Gefährten, und doch hoffnungslos, allein mit Ross und Hund zu nehmen weiss.