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Aktualisiert: 11. Mai 2025
Muß noch besonders auf den Ursprung dieser einzigartigen Kunstform hingewiesen sein, die vor Dostojewski keiner besessen und vielleicht nie ein Künstler in gleichem Maße besitzen wird? Muß es noch gesagt sein, daß dieses Aufzucken der gesamten Lebenskräfte zu einzigen Sekunden nichts anderes ist, als in Kunst verwandelte, sinnfällige Form seines eigenen Lebens, seiner dämonischen Krankheit? Nie ist das Leiden eines Künstlers fruchtbarer gewesen als diese künstlerische Verwandlung der Epilepsie, denn nie hat sich vor Dostojewski in der Kunst eine ähnliche Konzentration von Lebensfülle in das engste Maß von Raum und Zeit gebannt. Er, der am Semenowskiplatz gestanden, die Augen verschnürt, und in zwei Minuten sein ganzes vergangenes Leben noch einmal durchlebte, der bei jedem epileptischen Anfall in der Sekunde zwischen dem wankenden Taumel und dem harten Niedersturz vom Sessel auf den Boden Welten visionär durchirrt, nur er konnte diese Kunst erreichen, in eine Nußschale von Zeit einen Kosmos von Geschehnissen einzubetten. Nur er das Unwahrscheinliche solcher explosiver Sekunden so dämonisch ins Wirkliche zwingen, daß wir dieser Fähigkeit der Überwindung von Raum und Zeit kaum gewahr werden. Wahre Wunder der Konzentration sind seine Werke. Ich erinnere nur an ein Beispiel: Man liest den ersten Band des »Idioten«, der über 500 Seiten umfaßt. Ein Tumult von Schicksal hat sich erhoben, ein Chaos von Seelen ist durchflogen, eine Vielzahl von Menschen innerlich belebt. Man hat mit ihnen Straßen durchwandert, in Häusern gesessen, und plötzlich, bei zufälligem Besinnen, entdeckt man, daß diese ganze ungeheure Fülle von Geschehnissen in einem Ablauf von kaum zwölf Stunden vor sich ging, von Morgen bis Mitternacht. Ebenso ist die phantastische Welt der Karamasoff in bloß ein paar Tage, die Raskolnikoffs in eine Woche zusammengeballt, Meisterstücke der Gedrängtheit, wie sie ein Epiker noch nie und selbst das Leben nur in den seltensten Augenblicken erreicht. Einzig die antike Tragödie des
Hören Sie selbst, mein Herr Pessimist und Kunstvergöttlicher, mit aufgeschlossnerem Ohre eine einzige ausgewählte Stelle Ihres Buches an, jene nicht unberedte Drachentödter-Stelle, welche für junge Ohren und Herzen verfänglich rattenfängerisch klingen mag: wie? ist das nicht das ächte rechte Romantiker-Bekenntniss von 1830, unter der Maske des Pessimismus von 1850 hinter dem auch schon das übliche Romantiker-Finale präludirt, Bruch, Zusammenbruch, Rückkehr und Niedersturz vor einem alten Glauben, vor dem alten Gotte . . . Wie? ist Ihr Pessimisten-Buch nicht selbst ein Stück Antigriechenthum und Romantik, selbst etwas "ebenso Berauschendes als Benebelndes", ein Narkotikum jedenfalls, ein Stück Musik sogar, deutscher Musik?
Droben auf der Halde aber rauschten die Flammenkessel. Signalposaunen bliesen. Transmissionen kreischten und wildbärtige Sturmkolonnen rüsteten sich zum Angriff auf die arme, frierende Birke. Dampfmaschinen fuhren auf wie Kanonen. Männer mit furchtbar entstellten Gesichtern hoben lodernde Blöcke auf kleine Kippwagen. Dumpf rollte der Niedersturz.
Jeder Aufschwung ist bezahlt durch Niedersturz und diese eine Sekunde der Begnadung mit vielen hoffnungslosen Stunden des Robots und der Verzweiflung. Der Ruhm, dieser funkelnde Reif, den ihm Bjelinski in jener Stunde aufs Haupt drückt, ist auch gleichzeitig schon der erste Ring einer Fußkette, an der Dostojewski klirrend sein Leben lang die schwere Kugel der Arbeit schleppt.
Seine Lust, auch sie ist nicht banales Genießen, sondern Spiel und Einsatz der ganzen sinnlichen Lebenskraft, das immer wieder und wieder Empfindenwollen der geheimnisvollen gewitterigen Schwüle der Epilepsie, Konzentration des Gefühles in ein paar gespannte Sekunden gefährlicher Vorlust und dann der dumpfe Niedersturz in die Reue.
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