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In der sicheren Voraussetzung, vom nächsten Tage ab »ein gemachter Mann« zu sein, überwindet Jachl alles Ungemach. Einige Minuten lang hat er gehofft, der liebe Gott, von dessen Güte er besonders viel in den letzten Wochen hörte, werde ihn vielleicht gerade an diesem Tage mit Vater oder Mutter überraschen. Es war aber nichts damit. Heute sind alle in Lüttersloh wie die Stadtherren angezogen.

Er steckt ihr eine Kirsche in den Mund, die so sauer, daß sie das Gesicht verzieht. Darüber lachen sie beide. Jachl verspricht, nur noch mit süßen Kirschen zu kommen. Lieschen kennt Lüttersloh, aber nicht die weite Heide, auf die Jachls Schnuckenstall gesetzt ist; sie wird es bald selber merken.

Nein, keinem wird er es in Lüttersloh übelnehmen, der nicht glauben kann, Jachl, der Schäfer, schläft in einem Schlafhaus, in einem Haus, das nur allein zum Schlafen gebaut ist, in dem nichts sonst gearbeitet werden darf. Wahrhaftig, nur geschlafen! Und dann das mit der Zahnbürste! Jedermann hat eine. Es ist auch zu verschwenderisch und schwer zu glauben.

In Lüttersloh gibt es auch eklige Mädchen und Jungen, die stehlen und betrügen, aber daran ist Lüttersloh nicht schuld. In Berlin sind die vielen schlechten Beispiele und die vielen Kleider und Ringe und all die Sachen, die sie sich auf den Leib kaufen möchten. Ja, das ist wohl zu glauben, daß sie da einen »Kinder-Rettungsverein« brauchen.

Jetzt ist es wohl ein Glück, daß er nicht von vielen Worten ist, sonst liefe er spornstreichs zurück nach Lüttersloh. Viele der Gebräuche und der Vorschriften, die sein neuer Stand erfordert, sind ihm nichts Unbekanntes. Aus einem Ställchen ist er in einen Stall gezogen; das ist sein Wohnungswechsel. Den fünfjährigen Jachl lockte bereits jede glockenklingende Schnuckenherde.

Wenn sie nicht so plötzlich fortgereist wäre, hätte Jachl sie angesprochen, weshalb sie ihm das geschenkt? Doch nicht weil er aus Lüttersloh ist? Erzählt hat er es keinem. Wozu? In Berlin traut einer dem andern immer rasch Schlechtes zu. Womöglich hätte man ihn noch für 'nen Dieb gehalten und in die Zeitung gebracht. Beschwören kann Karl-Jachl: Das Geld ist ihm richtig geschenkt worden.

Hier sind die Schäfer sehr knapp, ein ordentlicher Mann ist versorgt für Lebenszeit. Zu Johanni geht meiner. Es grüßt Dein Dienstherr Klas HinnerkNun ist es also soweit. Karl-Jachl hat nichts erst zu überlegen. Er ist mit sich einig: »Viele passen besser nach Berlin und manche besser nach LütterslohKomisch ist es: Zweimal müssen sie ihn heut rufen: Karl! Karl!

Und was schleppen sie nicht alles an sich herum, was schwer sein muß, besonders auf'm Kopf. Auch die in der *IV*. Klasse sind anders wie Leute in Lüttersloh, aber ganz so schlimm wie die Feinen sind sie nicht. Je länger Jachl reist, je mehr anders werden sie. So oft der Zug hält, glaubt er: das ist Berlin!

Auf der ganzen Welt gilt das. Jachl holt nur sein buntes Taschentuch hervor, schneuzt sich laut und fährt bei der Gelegenheit über die Augen. Einmal und noch mehrmals. Dann stopft er das Tuch langsam wieder in die Tasche, dreht sich um und trabt den Weg zurück nach Lüttersloh. Viel Zeit zum Grämen bleibt ihm nicht. Auch er muß tags darauf in seinen Dienst.

Noch gehen dem Jachl aber in buntem, wirrem Durcheinander tausend Dinge durch den Kopf: Ein nicht vorhandener Einsegnungsanzug, dann der Konfirmationsspruch: »Auch wenn mein Vater und meine Mutter mich verlassen, nimmt der Herr mich auf«, dazu die Ermahnungen, die der Pfarrer an diesen Satz knüpft, ferner die Sorge, ob der Bauer auch keinen andern zum Hütejungen aussuchen wird, und die Frage, wann das Luftschiff, von dem der Urlauber Schulze gesprochen, wirklich und wahrhaftig im Sommer hier über Lüttersloh fliegen werde?