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Aktualisiert: 10. Juni 2025
Vor dem halbdunkeln Torweg, im rieselnden Regen, umschloß eine kräftige Hand noch einmal die meine, und spitze Nägel gruben sich mir ins Fleisch. Noch in der Nacht schrieb ich an Tante Klotilde. Mein ganzes Herz schüttete ich ihr aus; mit all meiner Hoffnung klammerte ich mich an sie; jede Seite ihres Wesens suchte ich zu rühren.
»Wohl und wehe«, antwortete sie, indem sie sich von mir zu einem Sitze führen ließ, auf den ich mich neben ihr niederließ. »Du weißt nun also alles?« »Ich weiß alles. Warum hast du mir es denn nicht früher gesagt?« »Ich mußte doch vorher mit den Eltern sprechen, und dann, Klotilde, hatte ich gegen dich gerade den wenigsten Mut.« »Und warum hast du nicht in früheren Sommern etwas gesagt?«
Am neunten wurden die Anstalten gemacht, daß wir alle in das Rosenhaus abreisen konnten. Mathilde und die Eltern fuhren in unserem Reisewagen. Natalie, Klotilde und ich in dem Wagen Mathildens. Als wir den Hügel hinanfuhren, konnte mein Vater seine Neugierde kaum mehr bemeistern. Ich sah ihn öfter in dem Wagen aufstehen und herumblicken.
Oft kam mir auch jetzt noch der Gedanke, so schön und rein wie Klotilde könne doch nichts mehr auf der Erde sein; aber da fielen mir die Züge des weinenden Mädchens ein, das die Ihrigen zu beruhigen gestrebt hatten und von dem ich mir einbildete, daß es mich im Vorsaale des Theaters freundlich angeblickt habe, und ich mußte sie vorziehen.
Wir gingen von dem Sandplatze in den Garten, damit die Meinigen zuerst diesen sähen. Mein Gastfreund machte für meinen Vater den Führer und zeigte und erklärte ihm alles. Wo meine Mutter und Klotilde an dem Gesehenen Anteil nahmen, wurde es ihnen von ihren Begleiterinnen erläutert.
Klotilde nahm diesen Vorschlag mit Freude an, und ich versprach ihr, in den Tagen, die noch bis zu meiner Abreise mit dem Vater verfließen werden, alles anzugeben, was sie an Kleidern und sonstigen Dingen zu der Gebirgsreise bedürfe, welche Gegenstände sie dann während meiner Abreise vorrichten lassen könne.
»Siehst du, Klotilde«, sagte ich, »ich konnte dir kein Bild von Natalie bringen, weil keins da war, jetzt hast du sie selber.« »Um wie viel lieber als jedes Bild«, antwortete sie, »aber ein Bild muß doch ausgeführt werden, damit man später wisse, wie sie in diesen Jahren ausgesehen habe.« Acht Tage entließ uns Mathilde nicht von dem Sternenhofe, und jeder Tag fand seine freundliche Beschäftigung.
Natalie und Klotilde waren fast unzertrennlich, sie schlossen sich an einander an, bezeugten sich jede Innigkeit, und oft, wenn wir alle in das Schloß zurückgekehrt waren, gingen sie noch auf einem einsamen Wege des Gartens oder auf einem Pfade des nächstgelegenen Feldes herum.
Auch die Mutter und Klotilde gaben ihr Geschenke, so wie Mathilde und Natalie Gegenstände aus den benachbarten Zimmern herbeiholten, um die Mutter, Klotilden und den Vater zu beschenken. Natalie und ich gaben uns nichts. Dann setzten wir uns um einen Tisch nieder, und es begannen herzliche Gespräche.
Klotilde, welche alle die Gegenstände, die mir längst bekannt waren, mit neuen Augen angeschaut, welche alles so frisch, so klar und so tief in ihr Gemüt aufgenommen hatte, hatte meine Gedanken auf sich gelenkt, hatte mir selber etwas Frisches und Ursprüngliches gegeben und mir Freude über ihre Freude mitgeteilt, so daß ich gleichsam gestärkter und befestigter über meine Beziehungen nachdenken und sie mir gewissermaßen vor mir selber zurecht legen konnte.
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