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Dieser Blick ist von einer Präzision sondergleichen, ein wunderbares, unbeirrbares Instrument. Dickens war ein visuelles Genie. Man mag jedes Bildnis von ihm, das der Jugend und das (bessere) der Mannesjahre betrachten: es ist beherrscht von diesem merkwürdigen Auge. Es ist nicht das Auge des Dichters, in schönem Wahnsinn rollend oder elegisch umdämmert, nicht weich und nachgiebig oder feurig-visionär. Es ist ein englisches Auge: kalt, grau, scharfblinkend wie Stahl. Und stählern war es auch wie ein Tresor, in dem alles unverbrennbar, unverlierbar, gewissermaßen luftdicht abgeschlossen ruhte, was ihm irgend einmal, gestern oder vor vielen Jahren von der Außenwelt eingezahlt worden war: das Erhabenste wie das Gleichgültigste, irgendein farbiges Schild über einem Kramladen in London, das der Fünfjährige vor undenklicher Zeit gesehen, oder ein Baum mit seinen aufspringenden Blüten gerade drüben vor dem Fenster. Nichts ging diesem Auge verloren, es war stärker als die Zeit; sparsam reihte es Eindruck an Eindruck im Speicher des Gedächtnisses, bis der Dichter ihn zurückforderte. Nichts rann in Vergessenheit, wurde blaß oder fahl, alles lag und wartete, blieb voll Duft und Saft, farbig und klar, nichts starb ab oder welkte. Unvergleichlich ist bei Dickens das Gedächtnis des Auges. Mit seiner stählernen Schneide zerteilt er den Nebel der Kindheit; in »David Copperfield«, dieser verkappten Autobiographie, sind Erinnerungen des zweijährigen Kindes an die Mutter und das Dienstmädchen mit Messerschärfe wie Silhouetten vom Hintergrund des Unbewußten losgeschnitten. Es gibt keine vagen Konturen bei Dickens; er gibt nicht vieldeutige Möglichkeiten der Vision, sondern zwingt zur Deutlichkeit. Seine darstellende Kraft läßt der Phantasie des Lesers keinen freien Willen, er vergewaltigt sie (weshalb er auch der ideale Dichter einer phantasielosen Nation wurde). Stellt zwanzig Zeichner vor seine Bücher und verlangt die Bilder Copperfields und Pickwicks: die Blätter werden sich ähnlich sehen, werden in unerklärlicher

Aber er ahnte nicht, daß ihre äußere Kälte eine sehnsüchtige Glut verbarg, ihre Schweigsamkeit ein unbeirrbares Gefühl, ihr fliehender Blick ein für immer ergriffenes Herz. Sylvester kannte diese Seele nicht. Er glaubte, bürgerliche Feigheit mache sie zurückhaltend. Er hatte zu viele Frauen kennen gelernt, um noch reinen Instinkt zu besitzen.

Dann dachte sie an den hinkenden Klaus, der die weißen Stoppeln auf dem ledernen Gesicht hatte, wie er sich mit seinem Stumpf von der einen auf die andre Seite wälzte, ohne Schlaf zu finden, von stechenden Schmerzen und grämlichen Gedanken gepeinigt. Dann dachte sie an Brun, seinen reinen, festen Blick und sein unbeirrbares Herz, und was er jetzt einsam und verschwiegen um sie leiden würde.