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Aktualisiert: 7. Juni 2025
Nach mancherlei Umfragen wollte sich die Ratsherrin für die Schulgemeinde Hochlinden entscheiden, die sich durch ihre landschaftliche Lage in einem Tal des südlichen Schwarzwaldes empfahl; aber gutmeinende Bekannte warnten vor den extrem modernen Ideen, die dort im Schwange seien, und hauptsächlich vor dem Leiter der Anstalt, Doktor von der Leyen, der in pädagogischen Fragen als gefährlicher Fortschrittler galt.
Ein Präfekt rief vom offenen Fenster einen Namen herein; dann verirrte sich eine Schwalbe in den Raum und erzwang durch ihren ängstlichen Kreuzflug Sekunden neugieriger Stille. Als es dämmerte, kam Doktor von der Leyen mit mehreren seiner Kameradschaft; sie hatten trotz des schlechten Wetters einen Gang durch den Wald gemacht, Mathys, Ulschitzky und Kurt Fink.
Es fiel Dietrich äußerst schwer, sich an das Du zu gewöhnen, mit dem er wie alle diesen Mann anreden sollte. Von der Leyen war es darum zu tun, die Fremdheitsschranke niederzureißen, die aus dem Lehrer einen Popanz, aus dem Schüler ein unbeseeltes Instrument machte.
Die jüngerhaft leuchtende Hingabe zu spüren, beängstigte Mathys; es war etwas darin von der leidenschaftlichen Fruchtbarkeit des nie bepflügten Humus, der Unkrautsamen mit gleicher Gier empfängt wie edlen. Lucian von der Leyen war ein hagerer Mann über Mittelgröße im Alter von ungefähr fünfzig Jahren.
»Und wir beide? wollen wir nicht ein bißchen miteinander plaudern?« fragte von der Leyen den noch immer befangenen Dietrich. »Gern, wenn du Lust hast«, antwortete er überrascht. Eine Weile gingen sie im Saal auf und ab, der sich langsam leerte. Von der Leyen, den Knaben um die Höhe der Stirn überragend, hatte den Arm um seine Schulter geschlungen.
Er pochte auf seine Verwandtschaft mit einem der Geldgeber der Anstalt, war aber dabei ein armer Teufel, aus welchem Grund sich auch von der Leyen nicht entschließen konnte, ihn brotlos zu machen. »Hört mal, Kinder, so geht das nicht weiter«, polterte eines Abends Justus Richter. »Rottmann schleicht im Schlafsaal herum, wenn man müde ist, spioniert und stänkert.
Auch von der Leyen erzählte; selten Begebenheiten in einer Folge, noch seltener Erlittenes; im Vorüberstreifen, seinem verschlossenen Wesen abgestohlen, riß er eine Stunde aus der Erinnerung, in der Entscheidung gefallen war; ein Antlitz tauchte auf; ein Freund, ein Gehilfe; ein Feind, ein Verderber; der Tod, Trennung; Irrfahrten; Bittwege; Canossawege; wieder das Juwel eines gefundenen Herzens: ein Freund.
Wenige können sich verwandeln. Verwandlung erschüttert das Herz. An einem jener Diskussionsabende, die zu den Einrichtungen in Hochlinden gehörten, hielt Doktor von der Leyen eine Rede, worin er mit der Unwiderstehlichkeit und polemischen Kraft seiner Beweisführung entwickelte, daß der Kultus, den die Gesellschaft den geistigen Heroen weihe, auf fortwuchernder Lüge beruhe.
An einem Nachmittag, der mit blauem Himmel begann und sich dann umzog, gingen sie zu dritt auf den Höhen, lagerten am Waldrand, stiegen schließlich zum See herab. Ein lebhaftes Gespräch über Lucian von der Leyen hatte sich entsponnen, nach welchem Dietrich sich heute zum erstenmal offen erkundigt, als hätte ihn bis jetzt eifersüchtiges Widerstreben verhindert, auch nur den Namen auszusprechen.
»Genug des Unsinns, Kurt«, mischte sich von der Leyen ein und legte die schwere Hand auf Oberlins Haupt. Die Knaben traten auseinander. Kurt Fink hatte seine Absicht erreicht, er nahm am Flügel Platz und begann einen Gassenhauer zu trommeln, den er mit parodistischem Krähen begleitete.
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