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Aktualisiert: 16. Mai 2025


Er selbst, Dostojewski, hat niemals die Hand gerührt, um uns an sich heranzuhelfen. Die anderen Baumeister des Gewaltigen in unserer Zeit offenbarten ihren Willen. Wagner legte neben sein Werk die programmatische Erläuterung, die polemische Verteidigung, Tolstoi riß alle Türen seines täglichen Lebens auf, jeder Neugier Zutritt, jeder Frage Rechenschaft zu geben. Er aber, Dostojewski, verriet seine Absicht nie anders als im vollendeten Werk, die Pläne verbrannte er in der Glut der Schöpfung. Schweigsam und scheu war er ein Leben lang, kaum das

Nie war vor ihm die Gegensätzlichkeit des Gefühles ähnlich weit aufgerissen, nie die Welt so schmerzhaft weit gespannt als zwischen diesem neuen Pol der Ekstase und Zernichtung, die er jenseits aller gewohnten Maße von Glück und Leiden gestellt hat. In dieser Polarität, die ihm das Schicksal aufgeprägt hat, und nur aus ihr ist Dostojewski zu verstehen.

Selbstverständlich, daß der schöpferische Prozeß, die künstlerische Bemühung, bei ihm nicht eine geruhige, ordnend aufbauende, kühl berechnend architektonische ist. Dostojewski schreibt im Fieber, wie er im Fieber denkt, im Fieber lebt.

Jeder einzelne revidiert bei Dostojewski noch einmal alle Probleme, rückt sich selbst mit blutenden Händen die Grenzsteine von Gut und Böse, jeder einzelne schafft sich sein Chaos wieder um zur Welt. Jeder einzelne ist bei ihm Diener, Verkünder des neuen Christus, Märtyrer und Verkünder eines dritten Reiches.

So wie Leonardo in seinen grandiosen Karikaturen die Groteske des Körpers, die Abnormität des Physischen zeichnet, dort, wo sie über die gemeine Form hervordrängt, so faßt Dostojewski die Seele des Menschen im Augenblick des Überschwangs, gleichsam in den Sekunden, wo sich der Mensch über den äußersten Rand seiner Möglichkeiten vorbeugt.

Er will nicht, sein wachsamer Dämon, daß ihm das Leben zu leicht werde. Und damit er es erkennen lerne in allen seinen Tiefen, sendet ihm der Gott, der ihn liebt, seine Prüfung. Wieder wie damals in der Nacht gellt die Klingel, Dostojewski öffnet erstaunt, aber diesmal ists nicht die Stimme des Lebens, ein jubelnder Freund, Botschaft des Ruhms, sondern Ruf des Todes.

Nur dort, ganz im Untersten, im Ewigen und Unabänderlichen unseres Seins, Wurzel in Wurzel, können wir uns Dostojewski zu verbinden hoffen; denn wie fremd scheint äußerem Blick diese russische Landschaft, die, wie die Steppen seiner Heimat, weglose und wie wenig Welt von unserer Welt! Nichts Freundliches umfriedet dort lieblich den Blick, selten rät eine sanfte Stunde zur Rast.

Im »Olympischen Frühling«, dem großen griechischen Epos, hat Spitteler sein bestes Selbst wiedergefunden. Er sah sich zeitlebens im Schatten Shakespeares stehen und kam deshalb nur in seinem biblischen Trauerspiel »Die Makkabäer« und in seinen Novellen über ihn hinaus, in denen er als antizipierter Dostojewski und Zola erscheint.

Auch vor Gott bleibt Dostojewski der große Ausgestoßene der Einheit. So bleibt er Sisyphus, der ewige Wälzer des Steins zur Höhe der Erkenntnis, der er immer wieder entrollt. Der ewig Bemühte zu Gott, den er nie erreicht. Aber irre ich denn nicht: ist Dostojewski nicht den Menschen der große Prediger des Glaubens? Geht nicht durch seine Werke der große orgelnde Hymnus an Gott?

Auch Faust hat seinen Ostersonntag, schwingt die eigene Qual in die zerklüftete Natur, wirft seinen Jubel in den Frühling der Welt. In allen diesen Werken erlöst die Natur von der Menschenwelt. Dostojewski aber fehlt die Landschaft, fehlt die Entspannung. Sein Kosmos ist nicht die Welt, sondern nur der Mensch.

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