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Wer es fertig brächte, bekäme neue Kleider, ehe das Jahr um wäre, hatte Großmutter gesagt. Die verachtete Blume war bei dieser Gelegenheit ein anerkannter Prophet. „Siehst du?“ sagte der Sonnenstrahl, „siehst du die Schönheit, siehst du die Macht derselben?“ „Ja, für Kinder!“ versetzte der Apfelzweig.

Da kam ein altes Mütterchen auf das Feld hinaus und grub mit ihrem stumpfen grifflosen Messer unten um die Wurzel der Blumen und zog sie heraus; einige der Wurzeln wollte sie als Zusatz zum Kaffee benutzen, andere wollte sie dem Apotheker als Arzneimittel verkaufen. „Schönheit ist doch etwas Höheres!“ sagte der Apfelzweig. „Nur die Auserwählten kommen in das Reich des Schönen!

Und nun traten Leute in das Zimmer, und die junge Gräfin kam, sie, die den Apfelzweig so hübsch in die durchsichtige Vase gestellt hatte, wo das Sonnenlicht ihn bestrahlen konnte. Sie brachte eine Blume, oder was es sonst war, die zwischen drei oder vier Blättern, die dütenähnlich um sie gehalten wurden, versteckt war, damit sie kein Zug oder Windhauch verletzen könnte.

Dabei wurde sie mit einer solchen Sorgfalt und Vorsicht getragen, wie sie nicht einmal dem feinen Apfelzweig zu Teil geworden war. Ganz behutsam wurden nun die großen Blätter fortgenommen, und was kam zum Vorschein? Die kleine flockige Samenkrone der gelben verachteten Butterblume!

Des Teufels Butterblumen!“ rief der Apfelzweig. „Nie werden sie in einen Strauß gebunden, sie werden mit Füßen getreten, es giebt zu viele von ihnen, und wenn sie in Samen schießen, fliegt er in Wollenflocken dahin und hängt sich den Leuten an die Kleider. Unkraut ist es!“

Der Apfelzweig sah mit einem gewissen Mitleid besonders auf eine Art Blumen, die sich in großen Mengen auf Feldern und an Gräben vorfanden. Niemand band sie in einen Strauß, sie waren viel zu gewöhnlich dazu, ja man konnte sie sogar zwischen den Pflastersteinen finden, sie schossen überall wie das ärgste Unkraut empor und hatten zum Überfluß noch den häßlichen Namendes Teufels Butterblumen.“

Armes, verachtetes Gewächs!“ sagte der Apfelzweig, „du kannst nichts dafür, daß du wurdest, was du wurdest, daß du so gewöhnlich bist. Aber es ist mit den Gewächsen wie mit den Menschen, es müssen Unterschiede sein!“

Klare, weiße Vorhänge flatterten an den offenen Fenstern und prächtige Blumen standen in glänzenden, durchsichtigen Vasen, und in eine derselben, die schimmerte, als ob sie aus frischgefallenem Schnee ausgeschnitten wäre, wurde der Apfelzweig zwischen frische, lichte Buchenzweige gesetzt; es war eine Lust ihn anzusehen. Da wurde der Zweig stolz, und das war ja ganz begreiflich.

Einige sagten durchaus nichts und Andere sagten zu viel, und der Apfelzweig merkte, daß zwischen den Menschen ebenso gut ein Unterschied wäre, wie zwischen den Gewächsen, und da er gerade in das offene Fenster gesetzt war, von wo aus er sowohl in den Garten als auf das Feld hinabblicken konnte, so hatte er genug Blumen und Pflanzen zur Betrachtung und Überlegung.

Unterschiede,“ sagte der Sonnenstrahl und küßte den blühenden Apfelzweig, küßte aber auch des Teufels gelbe Butterblumen draußen auf dem Felde, alle Brüder des Sonnenstrahls küßten sie, die armen Blumen, wie die reichen.