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Im Traum sah er sich mit einem Mal in die Wohnstube der Frau Wirsich versetzt. Er wußte, wo er war und wußte es doch nicht recht, es war ziemlich hell in der Stube, aber sie erschien ihm ganz voll Seewasser. Waren die Wirsichs Fische geworden? Verwunderlicherweise rauchte er eine Pfeife, es war Toblers Pfeife, diejenige, aus der er mit Vorliebe zu rauchen pflegte. Auch Tobler selber schien ganz in der Nähe zu sein, man hörte seine metallene Männerstimme, die reine Vorgesetztenstimme. Diese Stimme schien das Wohnzimmer umrahmt oder umarmt zu haben. Da ging die Türe auf und Wirsich erschien, noch blasser im Gesicht als sonst, und setzte sich in einen Winkel des Zimmers, das fortwährend zitterte unter der starken Umschlossenheit jener Stimme. Jawohl, die Wohnstube zitterte, sie hatte Angst, auch die Fensterscheiben zitterten. Und wie hell es dazu immer war. Es war aber kein Taglicht, auch kein Mondlicht, sondern ein wässeriges, gläsernes Licht. Nun ja, man befand sich eben unter Wasser. Frau Wirsich war mit einer weiblichen Handarbeit beschäftigt, aber plötzlich zerfloß ihr die ganze Arbeit in etwas Glitzernd-Schneidendes, und Joseph sagte dazu: »sieh da, TränenWarum er das wohl gesagt hatte? In diesem Augenblick donnerte und krachte Toblers Stimme wie ein Ungewitter um die Wohnung der Armut herum. Aber die alte Frau lächelte nur dazu, und wie man das Lächeln näher betrachtete, war es der Hund Leo, noch ganz naß von der eben unternommenen Schwimmpartie. Die furchtbare Stimme ging langsam in ein Säuseln über, wie Blätter im heißen, leisen Sommermittagswinde etwa zu lispeln und zu säuseln pflegen. Da erschien Frau Tobler in tiefschwarzem Seidenkleide, warum sie das trug, konnte man nicht erraten. Sie trat auf Frau Wirsich mit vornehmer Wohltäterinnengebärde langsam zu, aber plötzlich schienen ihre Gefühle eine andere Richtung angenommen zu haben, denn sie fiel der Frau um den Hals und küßte sie. Toblers Stimme brummte dazu etwas, was, das konnte man nicht verstehen. Wahrscheinlich, dachte Joseph, findet er die Herzensüberwallung seiner Frau ziemlich überflüssig. Da verwandelte sich auf einmal die Wirsichsche Wohnung in den Laden jenes häßlich frisierten und geschminkten Zigarrenweibes, bei dem Joseph früher täglich auf einem Stuhl gesessen hatte, um Geschichten aus ihrem Mund anzuhören. Auch jetzt erzählte sie eine Geschichte, eine lange und eintönige und traurige, und merkwürdig, trotzdem sie lang war, dauerte ihre Erzählung kaum einen Moment. Träume ich das nur, oder erlebe ich's wirklich, dachte Joseph, und was hat ein Zigarrenweib mit einer Frau Wirsich zu schaffen? Da drang ein köstlich gebautes und geschweiftes, goldenes Boot in den Laden hinein, das Weib stieg ein, und fort ging es mit ihr, weit fort, bis sie sich in einem schwarzen, grellen, scharfen Luftraum verlor, aber ein Pünktchen von ihr blieb in der hohen Luft hängen. Wieder machte der Traum einen Sprung und zwar ins Toblersche Kontor hinunter, dort sah sich Joseph im bloßen Hemd schreibend an seinem Schreibtisch sitzen, und alles schaute ihn fragend an, durchdringend und fragend. Was das alles war, was ihn beobachtete, konnte er nicht genau sehen, aber es war eben alles, es war scheinbar die ganze, lebendige Welt. Überall waren Augen, die sich boshaft an seiner sonderbaren Blöße erfreuten. Das Bureau war ganz grün vor Schadenfreude, stechend grün. Da suchte er sich zu erheben, um von diesem Punkte der Scham fortzukommen, aber er blieb fest daran kleben, es war ihm entsetzlich zumut und er erwachte.