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Aktualisiert: 24. Juni 2025


Wenn »M« über die Psychologie von »W« »Enthüllungen« zu machen im Begriffe ist, pflegt er manchmal von einer Art Gewissensbissen befallen zu werden, leisen Zweifeln an der Richtigkeit der abgegebenen lapidaren Urteile. Woher und wieso »M« überhaupt imstande sein soll, die geheimsten psychischen Vorgänge im Weibe zu »enthüllen«, darauf hat Weininger natürlich seine Antworten.

Weininger verläßt nun vollständig das Gebiet der Theorie und begibt sich auf den Boden der Tatsachen. Aussage folgt auf Aussage, und was da kurz und eilig, in rascher Folge nacheinander behauptet wird, ohne durch die geringste reale Beweisführung gestützt zu sein, mutet wie ein einziges Wirrsal an, ein Labyrinth, in dem sich der, der es konstruierte, selbst nicht mehr zurechtfindet.

Denn das Genie bringt etwas hervor, das an sich eine bleibende Wahrheit, einen neuen Wert für die Menschheit repräsentiert! Aber gerade die Resultate, zu denen Weininger gelangte, tragen den Todeskeim in sich, während nur die Art, wie er zu ihnen gelangte, ein hochinteressantes, aufregendes, geistiges Schauspiel gewährt. Wie?

Wesen und Wert der beiden Geschlechter und ihre Beziehungen zu einander bilden das Hauptthema des Buches. Eingeleitet wird dieses Thema durch die Verkündigung eines »neuentdeckten Gesetzes« über die Affinität der Geschlechter. Dieses Gesetz, nach welchem jene Individuen einander anziehen, die gegenseitig die ihnen fehlenden Bruchteile an Männlichkeit und Weiblichkeit komplettieren, hat zur Voraussetzung die Tatsache, daß kein Mensch ganz M (Mann) oder ganz W (Weib) ist, sondern stets auch Anlagen vom andern Geschlechte in sich hat. Daß niemand aus einem Gusse ist und es ganz einheitliche Exemplare irgend einer Art reine Typen »an sich« kaum irgendwo gibt, ist eine altbekannte Tatsache, und es liegt kein Grund vor, sie mit tiefgründiger Beredsamkeit auseinander zu setzen, als wäre sie eben erst entdeckt; deswegen aber kann man doch nicht wie Weininger es tut die Gesamtheit der Menschen als »sexuelle Zwischenstufen« bezeichnen, da die Geschlechtsmerkmale bei jedem normalen Individuum genügend überwiegen, um diese Bezeichnung auszuschließen. In fetten Lettern wird auch die uralte Wahrheit vorgebracht, daß es nicht jedem Individuum gleichgültig sei, mit welchem Individuum des anderen Geschlechtes es eine sexuelle Vereinigung eingeht, daß nicht jeder Mann für einen anderen Mann, nicht jedes Weib für ein anderes Weib seinem sexuellen Komplement gegenüber eintreten kann. Ganz gewiß kann nicht irgend ein geschlechtlich begehrtes Individuum durch jedes beliebige andere ersetzt werden. Aber daß diese Anziehung gerade darauf beruht, daß das eine Individuum in dem andern die ihm fehlenden Bruchteile an Männlichkeit oder Weiblichkeit sucht eine Formel, die Weininger etwa so darstellt, daß ein Individuum mit ¾

Was die Prostitution betrifft, so meint Weininger, eine solche Erscheinung müsse »in der Natur des menschlichen Weibes liegen«, ein solcher Hang müsse »in einem Weibe organisch, von Geburt an liegenNun verläßt mich beinahe die Langmut ruhiger Kritik.

Daß ein Mensch wie Weininger, begabt mit feinster Sensitivität und Reaktionsfähigkeit, stumpf und blind sein konnte gegen die einfachste Logik der Tatsachen, erklärt sich vielleicht aus der Gefahr, die gerade diese Fähigkeit des innerlichen Erlebens für solche Geister birgt, denen das harte, reinigende, alles Falsche ab- und ausstoßende Element der gesunden Instinkte, die Grundbedingung der Urteilsfähigkeit, fehlt, so daß sie den Eindruck hervorrufen, als fräße ein Wurm an ihrem besten Mark, als müßten sie mit schier physischer Notwendigkeit, sowie sie die Hand ausstrecken, unbedingt unter dem Zwange ihrer Art immer das Falsche, das Dunkle, die Verwesung ergreifen.

Und daß dieser Kampf um Brot mit dem Kampf nach Daseinsinhalt endlich Hand in Hand gehen könne, ist das vornehmste Ziel der Emanzipation. Und dieses Ziel kann mit nichten das »einzelne Individuum für sich allein erkämpfen«, wie Weininger dies fordert, dem die Massenbewegung der Frauen wie ein »großes, wildes Heer« erscheint, das die »wahre« Befreiung nicht erringen könne.

Zur Zeit der Renaissance soll es diese Fesseln nicht gegeben haben, weibliche Bildungsbestrebungen im Gegenteil gerne gesehen worden sein, und die Frau hätte (nach Weininger) damals Gelegenheit gehabt, »zur ungestörten Entfaltung ihrer geistigen Entwicklungsmöglichkeiten«. Die hat sie denn auch entfaltet zu ästhetischen Zwecken und Zielen, denn nur solche waren ihr frei gegeben, und die kamen natürlich nur für die Frauen der begünstigten, vornehmen Kreise in Frage, wo sich denn auch eine Blüte weiblicher »Schöngeistigkeit« entwickelte, auf die damals wahre Hymnen gesungen wurden: daß aber den Frauen der Renaissance in ihrer Gesamtheit, nicht als Ausnahmschance auch soziale

Daß es noch andere als »psychische Bedürfnisse« gibt, nämlich zwingende ökonomische Bedürfnisse, wird bei Weininger mit keiner Silbe in betracht gezogen.

Pietät für das Vergangene bedingt aber, nach Weininger, vor allem Pietät gegen sich selbst, gegen die eigene Vergangenheit.

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