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Aktualisiert: 18. Mai 2025
Ich war wieder überrascht. Alta-Carrara kannte mich kaum. Er konnte von mir nicht viel mehr mit Sicherheit beurteilen, als die Qualitäten meines Schneiders. Eine unüberlegte Höflichkeit war diesem stets bewussten Menschen nicht zuzutrauen.
Ich hatte eine unbezwingliche Wut auf Alta-Carrara, der noch immer seine Kunststücke vor dem Altare machte. Ich beschloss, einen günstigen Augenblick abzuwarten, um ihn zur Rede zu stellen. Einstweilen zog ich einen langen gewundenen Schnörkel von einer Säule, machte eine Schlinge daraus und stellte mich an der Kirchentür auf.
Die trotz dem fremdländischen Akzent gewandte Ausdrucksweise, welche Vertrautheit mit den Boulevards verriet, fesselte meine Aufmerksamkeit, und ich erkannte in dem schlanken, diskret blonden, schon etwas alternden Dandy den Grafen Vittorio Alta-Carrara.
Wie war ich nur hierher gekommen und was sollte ich an einem Orte tun, wo ich keinen Menschen kannte? Da fiel mir ein, dass ich ja noch heute mit ihm gespeist hatte, dass er mich irgendwohin mitnehmen wollte, zu Freunden. Ich ärgerte mich, dass er mich nun allein liess. »Alta-Carrara!« rief ich gereizt.
Alta-Carrara machte schweigend eine Handbewegung, als stelle er mich vor. Dann liessen wir uns auf Kissen nieder. Von einem zwischen uns stehenden Tischchen nahm der Graf einige Haschischpillen und bot mir lächelnd die Schale. »Die Umherliegenden«, erklärte er halblaut, »befinden sich in einem Zustand der Angeregtheit, den man nicht Rausch nennen kann.
Ich verlangte schwere Aufgaben; Leiden müsste ich erdulden, sie unumwunden vom Schicksal fordern, das mich dadurch um das Beste im Leben betrogen hatte, dass es mir keine Leiden sandte. Ich schämte mich fast. Und doch freute ich mich über die Seltenheit einer solchen Empfindung in einer Seele wie der meinigen. Alta-Carrara aber begann mit halblauter Stimme zu erzählen: Karneval
Wir hatten ungefähr gleichzeitig die Mahlzeit beendet, während der Alta-Carrara wieder in die bewusste Zurückhaltung eines einsamen Menschen getreten war, der glaubt sehr höflich gewesen zu sein, weil er ein paar Worte gesprochen hat. »Ich werde diesen Abend mit Freunden verbringen,« sagte er plötzlich. »Vielleicht haben Sie Lust und Zeit, an unserer Gesellschaft teilzunehmen?«
»Wissen Sie nun, wo Sie sind?« fragte lächelnd Alta-Carrara, der mir gegenüber gleich wie ich auf einem Diwan lag. In dem Zimmer unterhielten sich mehrere Herren. Einige fragten nach meinem Befinden und gaben mir Ratschläge.
Zum letzten Male hatte ich den Grafen im Handschriftenkabinet einer kleinen deutschen Stadt gesehen, wo er einen arabischen Kodex auszog, der, wie er schwur, die ganze erotische Literatur der Europäer überflüssig machte. Heute abend war Alta-Carrara wenig mitteilsam.
»Pst, pst,« flüsterte der Sakristan begütigend, »verraten Sie ihn doch nicht, warum denn immer gleich Namen nennen? Hier heisst er Graf von Saint-Germain. Sie müssen ihn im neunzehnten Jahrhundert getroffen haben. Dort nennt er sich Alta-Carrara. Neulich war eine Dame aus dem vierzehnten Jahrhundert hier, die nannte ihn Buonaccorso Pitti, Sie sehen, alles ist relativ,« sagte er pfiffig.
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