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Aktualisiert: 29. Mai 2025
Frieder, den Baum mit der einen Hand haltend, den Papierzettel in der andern, trabte der Luisenstraße zu. Er hatte so eine dunkle Ahnung, daß er mehr aus Mißverständnis zu diesem Auftrag gekommen war, er wußte es aber nicht gewiß. Die Damen konnten die Bäume nicht selbst tragen, so mußten eben die Buben helfen. Er sah manche mit Christbäumen laufen, freilich meist größere.
Beim Mittagessen wurde beraten, wie man den Christbaum zu seiner rechtmäßigen Besitzerin bringen könne. "Einer von euch Großen muß mit Frieder gehen, ihm helfen den Baum tragen," sagte Frau Pfäffling. "Aber wir Lateinschüler können doch nicht in der Luisenstraße von Haus zu Haus laufen, wie arme Buben, die die Christbäume austragen," entgegnete Karl.
Dann muß wohl ich meinen Kleinen begleiten," und er nahm den Baum, der in der Ecke stand, hob ihn frei hinaus, daß er die Decke streifte und sagte spassend: "So werde ich durch die Luisenstraße ziehen, eine Schelle nehmen und ausrufen: 'Wem der Baum gehört, der soll sich melden."
"Luisenstraße 43 zu Frau Dr. Heller," sagte die Dame. "Sieh, auf diesem Papier ist es auch aufgeschrieben. Halte dich nur nicht auf, daß dich's nicht in die Hände friert." Da Frieder immer noch unbeweglich stand, gab ihm die Verkäuferin einen kleinen Anstoß in der Richtung, die er einzuschlagen hatte.
"Pack an, Kleiner, du sollst der Dame den Baum heimtragen, du weißt doch die Luisenstraße?" sagte die Frau und legte ihm den Baum über die Schulter. "Ist der Junge nicht zu klein, um den Baum so weit zu tragen?" fragte die Dame. "O bewahre," meinte die Händlerin, "der hat schon ganz andere Bäume geschleppt, sagen Sie ihm nur die Adresse genau, wenn Sie nicht mit ihm heim gehen."
Aber nun war auch die Luisenstraße glücklich erreicht. Freilich, die Adresse war abhanden gekommen, aber Frieder hatte sich das wichtigste gemerkt, Nr. 42 oder 43 und im zweiten Stock und bei einer Frau Doktor, das mußte nicht schwer zu finden sein.
In der Luisenstraße Nr. 43 wurde ihm aufs erste Klingeln aufgemacht und sofort rief das Dienstmädchen: "Frau Doktor, jetzt kommt der Baum doch noch!" Eine lebhafte junge Frau eilte herbei und rief Wilhelm an: "Wo bist du denn so lang geblieben, Kleiner? Aber nein, du bist's ja gar nicht, dir habe ich keinen Baum zu tragen gegeben, der gehört nicht mir."
Nach dem Essen wurde Herr Hartwig um das Adreßbuch gebeten und mit Hilfe dessen und Frieders Erinnerung war bald festgestellt, daß der Baum in die Luisenstraße Nr. 43 zu Frau Dr. Heller gehörte. Die drei großen Brüder standen beisammen und berieten.
Als man ihm dort seinen Baum wieder nicht abnehmen wollte, kamen ihm die Tränen, und eine mitleidige Frau hieß ihn sich ein wenig auf die Treppe setzen, um auszuruhen. "In der Luisenstraße wohnt nur ein Doktor," sagte sie, "und das ist Dr. Weber in Nr. 24, bei dem mußt du fragen."
Sie gingen nebeneinander und waren bis an die Luisenstraße gekommen, als Otto plötzlich seinem Frieder den Baum auf die Schulter legte und sagte: "Da vornen kommen ein paar aus meiner Klasse, die lachen mich aus, wenn sie meinen, ich müsse den Dienstmann machen. Das letzte Stück kannst du doch den Baum selbst tragen? Und kannst dich auch selbst entschuldigen, nicht?"
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