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Bin ich der geborne Großstädter? Sehr leicht möglich. Ich lasse mich fast nie betäuben oder überraschen. Etwas unsagbar Kühles ist trotz der Aufregungen, die mich überfallen können, an mir. Ich habe die Provinz in sechs Tagen abgestreift. Übrigens bin ich in einer allerdings ganz, ganz kleinen Weltstadt aufgewachsen. Ich habe Stadtwesen und -empfinden mit der mütterlichen Milch eingesogen. Ich sah als Kind johlende, betrunkene Arbeiter hin und her taumeln. Die Natur ist mir schon als ganz klein als etwas Himmlisch-Entferntes vorgekommen. So kann ich die Natur entbehren. Muß man denn nicht auch Gott entbehren? Das Gute, Reine und Hohe irgend, irgendwo versteckt in Nebeln zu wissen und es leise, ganz, ganz still zu verehren und anzubeten, mit gleichsam total kühler und schattenhafter Inbrunst: daran bin ich gewöhnt. Ich sah als Kind eines Tages einen im Blut schwimmenden, von zahlreichen Messerstichen durchbohrten wälschen Fabrikarbeiter an einer Mauer tot daliegen. Und ein anderes Mal, es war zu Ravachols Zeiten, hieß es unter der Jugend, es werden auch bei uns bald Bomben geschleudert werden usw. Alte Zeiten. Ich wollte von etwas ganz anderem sprechen, nämlich von Kamerad Peter, dem langen Peter. Dieser hochaufgeschossene Knabe ist zu drollig, er stammt aus Teplitz in Böhmen und kann slawisch und deutsch sprechen. Sein Vater ist Schutzmann, und Peter ist in einem Seilergeschäft kaufmännisch erzogen worden, er scheint aber den Unwissenden, Unbrauchbaren und Ungeratenen gespielt zu haben, was ich, ganz für mich, sehr niedlich finde. Er sagt, er rede auch ungarisch und polnisch, wenn es von ihm verlangt werde. Aber hier verlangt kein Mensch so etwas von ihm. Was für ausgedehnte Sprachenkenntnisse! Peter ist ganz entschieden der Dümmste und Unbeholfenste unter uns Eleven, und das belegt und bekränzt ihn in meinen unmaßgeblichen Augen mit Auszeichnungen, denn unglaublich lieb sind mir die Dummen. Ich hasse das alles verstehenwollende, mit Wissen und Witz glänzende, und sich breitmachende Wesen. Verschmitzte und gewitzigte Menschen sind mir ein unnennbarer Greuel. Wie nett ist doch gerade in diesem Punkt Peter. Schon, daß er so lang ist, zum Mittenentzweibrechen lang, ist schön, aber noch viel schöner ist die Gutherzigkeit, die ihm beständig einflüstert, er sei Kavalier und habe das Aussehen eines edlen und eleganten Verbummelten. Zum Kugeln ist das. Er redet immer von erlebten, aber sehr wahrscheinlich nicht erlebten Abenteuern. Nun, das ist wahr, Peter besitzt den feinsten und zierlichsten Spazierstock der Welt. Und nun zieht er stets los und geht in den belebtesten Straßen mit seinem Spazierstock spazieren. Ich traf ihn einmal in der F...straße. Die F...straße ist der entzückende Brennpunkt des hiesigen Großstadtweltlebens. Schon aus weiter Ferne winkte er mir mit Hand, Kopfnicken und Spazierstockschwenken. Dann, wie ich in seiner Nähe war, schaute er mich väterlich-sorgenvoll an, als hätte er sagen wollen: »Was, du auch hier? Jakob, Jakob, das ist noch nichts für dichUnd dann verabschiedete er sich wie einer der Großen dieses Erdenlebens, wie ein Weltblattredakteur, der die hochkostbare Zeit nicht zu verlieren hat. Und dann sah ich sein rundes dummes nettes Hütchen in der Menge anderer Köpfe und Hüte verschwinden. Er tauchte, wie man so sagt, in der Masse unter. Peter lernt absolut nichts, obgleich er es in so humorvoller Weise nötig hätte, und in das Institut Benjamenta ist er scheinbar nur deshalb eingetreten, um hier mit köstlichen Dummheiten zu glänzen. Vielleicht wird er hier sogar noch um wesentliche Portionen dümmer, als er war, und warum sollte sich seine Dummheit denn eigentlich nicht entfalten dürfen? Ich z.