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Das geschah auch heute auf die freundliche Einladung des Herrn Expeditors, sie erhielt Gastfreundschaft für den Nachmittag, und Bertram ließ ihr zur Unterhaltung ein Bündel Heu vorsetzen.
Er hatte die Herren nicht einsteigen gesehen, er würde ihnen sonst andere Plätze angewiesen haben. Auch Bertram entschuldigte sich und nahm zugleich Abschied. Er stellte der Reisegefährtin ihr Flacon zurück und reichte Just sein Fahrbillet. Mit Mißvergnügen entdeckte dieser, als er es in die Brusttasche steckte, daß er nur große Banknoten bei sich habe. Am Schalter wechselt man so ungern.
»Unmöglich, ich bin keine Dichterin mehr.« Das hatte sie lachend gesagt, wurde aber bald wieder ernst und vertraute ihm, daß sie das Haus ihrer Verwandten zu verlassen gedenke. »Wegen Hagens, diesem jungen Laster!« rief Bertram. Sie antwortete nicht, er gerieth in Bestürzung, und Funken tanzten ihm vor den Augen.
»Der Schnellzug is heut' ungeheuer besetzt,« sagte ein riesenhafter Träger, der an den Wagen Bertrams herantrat und sich des Gepäcks bemächtigte. Ungeheuer besetzt. O du liebes Schicksal! Just heute, an dem ersten Tag nach vier Jahren, an dem Bertram reisen kann, müssen Hunderte von Leuten reisen, die's wahrscheinlich ebenso gut früher hätten thun können.
»Ich laufe schon,« erwiderte Bertram ärgerlich, »ich warte nur noch den Besuch deiner Mutter ab.« Er trat ans Fenster und sah hinaus. »Da kommt sie gefahren mit deiner Schwester und dem Doktor.« »So? Natürlich, der muß dabei sein; der Flohbißchirurg, die Wanze, der Zeck!« Die Baronin hielt sich beim Anblick ihres verwundeten Sohnes tapferer, als Bertram es ihr zugetraut hätte.
Der Alte wollte sich dem Herrn Doktor durchaus nützlich machen beim Auskleiden und war trotz alles Protestirens nicht wegzubringen. Bertram täuschte sich nicht über den Grund dieses hartnäckigen Diensteifers. »Sie wollen etwas von mir, ich weiß ja,« sagte er ärgerlich, »kommen Sie nur heraus mit der Sprache.«
Und nun kam es zu mehreren Umarmungen. »Rührstück, fünfter Aufzug, letzte Szene,« ließ eine schrille Stimme sich vernehmen. Hagen, gefolgt von Sieglinde, war eingetreten. Er warf einen kurzen Blick auf Bertram, der Gertrud an seine Brust gezogen hatte und prallte zurück.
»Und nun muß man ihn nach Hause tragen,« sagte sie, »seine Eltern sind im Meierhof bedienstet. Er hat sich weh gethan, kann nicht gehen, sehen Sie nur, sein Knie blutet, bitte, heben Sie ihn auf.« Bertram war betreten: »Ich habe noch nie ein Kind aufgehoben,« sagte er. »So will ich's thun, übernehmen einstweilen Sie das Kleine.«
Den Schulkameraden habe der Herr mit der schönen Pelzmütze noch gefragt, wer der kleine Lebensretter sei und er habe ihm zugerufen, das sei doch der Bertram Otti.
Bisher hatten die Arbeiter ihn ganz unbeachtet gelassen, jetzt wurden sie alle auf einmal auf ihn aufmerksam und hatten ihre helle Freude an seiner Ungeschicklichkeit. Der Nachbar nahm Bertram endlich das Werkzeug aus der Hand, war mit dem Schärfen gleich fertig, streckte aber auch sofort die Rechte aus und sprach höflich: »Trinkgeld.« Dieses deutsche Wort schien ihm geläufig.